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Ministerpräsident Mateusz Morawieckis Koalition hat keine Mehrheit mehr.

Foto: AP/Olivier Hoslet

Warschau – Die von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) angeführte Regierungskoalition in Polen wackelt. Einer der Juniorpartner der PiS verkündete am Dienstag seinen Rückzug aus dem Bündnis. Die Partei Verständigung reagierte damit auf die Entscheidung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, deren Vorsitzenden Jaroslaw Gowin als Vizeregierungschef abzuberufen.

"Wir verlassen die Regierung erhobenen Hauptes", erklärte Gowin laut AFP. Seine Entlassung markiere das Ende des Bündnisses "Vereinigte Rechte" und "de facto den Bruch der Regierungskoalition". Die Spitze seiner Partei werde am Mittwoch offiziell eine Entscheidung darüber treffen. In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen Gowins Partei und der PiS zugenommen.

Umstrittener Gesetzesentwurf

Andere Nachrichtenagenturen berichtetet zwar von der Entlassung Gowins, meldeten aber noch nicht das Ende der Regierungskoalition – dies stellte auch die PiS selbst in Abrede. Sie rechnet damit, dass einzelne Mandatare der "Verständigung" gegen Gowin und weiter mit der Regierung stimmen.

Anlass für die Regierungskrise waren unter anderem geplante Steuererhöhungen, die der Vizeregierungschef ablehnte. Zudem hatte er zu den umstrittenen Justizreformen erklärt, es sei nicht sinnvoll, deswegen in einen Streit mit der EU zu geraten. Gowin sprach sich außerdem – und das dürfte der Kern des Konflikts sein – gegen einen Gesetzentwurf aus, der den US-Medienkonzern Discovery dazu zwingen könnte, die Mehrheit seiner Anteile am privaten polnischen Sender TVN zu verkaufen. Die Novelle verbietet Firmen aus Übersee Mehrheitsbesitz an polnischen Medienunternehmen, und zwar auch indirekt wie im Fall TVN über europäische Tochtergesellschaften.

Die Regierung plant, die Mehrheitsanteile dann an ein vom Staat kontrolliertes Unternehmen zu überführen. Das haben sowohl die EU als auch die USA bereits im Vorfeld kritisiert. Tausende Menschen demonstrierten in Polen am Dienstag in verschiedenen Städten gegen das geplante Gesetz, weil sie eine weitere Einschränkung der Medienvielfalt befürchten. Am Mittwoch ist eine Abstimmung dazu im Sejm geplant.

Rechte Freunde

Nach dem Rückzug ihres Juniorpartners ist die PiS nun auf die Unterstützung von Abgeordneten anderer Parteien aus dem rechten Spektrum angewiesen. Er denke nicht, dass die PiS-Regierung ihre Mehrheit im Sejm verliere, sagte Regierungssprecher Piotr Müller. "Ich bin überzeugt, dass es in der Vereinigten Rechten und im übrigen polnischen Parlament Abgeordnete gibt, welche die von uns vorgeschlagenen positiven Reformen unterstützen werden", sagte er. (APA, Reuters, red, 11.8.2021)