Viel Geduld brauchen Reisende aktuell in und nach Deutschland.

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Berlin – Für Bahnreisende und Pendler in Deutschland haben zwei harte Tage begonnen. Ein Streik der Lokführergewerkschaft GDL legt seit Mittwochfrüh einen großen Teil des Personenverkehrs der Deutschen Bahn (DB) lahm. Der Ersatzplan ist angelaufen, teilte ein Bahnsprecher mit. "Erste Auswirkungen des Streiks sind spürbar." Und das auch in Österreich, wie die ÖBB auf ihrer Homepage mitteilt.

Railjet nach München planmäßig

Der innerösterreichische Tagesverkehr von Salzburg nach Tirol über den DB-Korridor ist von den Einschränkungen allerdings nicht betroffen. Ebenso sollen die Railjets von Wien und Klagenfurt nach München sowie die ECs von Italien über Kufstein nach München planmäßig geführt werden. Vor allem die Nachtverbindungen von und nach Deutschland sind betroffen. Details dazu befinden sich in der Infobox.

Am Mittwochmorgen standen in Deutschland die Personenzüge der Deutschen Bahn in vielen Bahnhöfen still. Bahnsteige waren leer. "Zug fällt aus" war vielfach auf den Anzeigetafeln zu sehen. Der Ausstand im Personenverkehr begann am frühen Morgen, während der Güterverkehr schon seit Dienstagabend betroffen war.

An vielen deutschen Bahnhof sah das Bild so aus.
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Viele Fahrgäste mussten improvisieren. Es gelten Ersatzfahrpläne: Im Fernverkehr sollte noch etwa jeder vierte Zug fahren. Auch im Regionalverkehr und bei den S-Bahnen gibt es bei den Zügen der Deutschen Bahn erhebliche Ausfälle. Der Streik soll in der Nacht auf Freitag enden.

Alternative Anbieter profitieren

Den Streik spüren auch alternative Anbieter, die einen massiven Passagierandrang vermelden. Die Lufthansa setzt nun größere Flugzeugtypen auf innerdeutschen Flügen ein, wie eine Sprecherin am Mittwoch berichtete. Zusätzlichen Flugzeuge seien aber nicht reaktiviert worden.

Der Fernbus-Anbieter Flixbus verzeichnet im Vergleich zur Vorwoche eine um etwa 70 Prozent höhere Nachfrage. Auch die Fernzüge der Marke Flixtrain würden um rund 30 Prozent mehr gebucht als in der vergangenen Woche. Laut der Flixbus-Leitstelle hat sich der Streik am Mittwochvormittag auf den Straßen noch kaum bemerkbar gemacht. Busse und Bahnen seien planmäßig und pünktlich unterwegs.

Deutsche Bahn bittet, nicht notwendige Reisen zu verschieben

Die Deutsche Bahn bat Fahrgäste, nicht zwingend notwendige Reisen zu verschieben. Wegen der Pandemie rief sie auch zur Rücksichtnahme in den Zügen auf. Der Ausstand trifft die Fahrgäste mitten in der reisestarken Urlaubszeit: In elf der 16 deutschen Bundesländer sind Schulferien. Betroffen sind auch grenzüberschreitende Verbindungen.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete den Streik als "völlig unangemessen und überzogen". GDL-Chef Claus Weselsky sagte: "Mit diesem ersten Signal muss dem Management klar werden, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist." Im ZDF-"Morgenmagazin" bekräftigte er die Forderung an den Staatskonzern, ein neues Angebot vorzulegen. Das Offert mit einer Laufzeit von 40 Monaten bedeute eine Entwertung des Tarifs über die Länge der Laufzeit von unter einem Prozent im Jahr. "Das ist für uns nicht verhandelbar. Das haben wir klar und deutlich gemacht", sagte Weselsky.

Lokführer kämpfen um Geld und Einfluss

Der deutsche Fahrgastverband Pro Bahn forderte zuverlässige Informationen für die Bahnkunden. "Nichts ist ärgerlicher, als bei einem Streik auf einen Zug zu warten, der dann nicht verkehrt." Der Verein rief DB und GDL dazu auf, in einer Schlichtung eine Lösung zu finden.

Die Lokführergewerkschaft kämpft um mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn. Anders als die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will sie in diesem Jahr keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptieren. So will die GDL auch bei den Mitarbeitern im Machtkampf mit der EVG punkten.

Erster Streik seit Dezember 2018

Nicht bestreikt werden Konkurrenten der Deutschen Bahn. Sie haben im Regional- und Güterverkehr beträchtliche Marktanteile. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränkungen möglich, wenn sich auch Fahrdienstleiter dem GDL-Streik anschließen. Es ist der erste Streik bei der Deutschen Bahn seit Dezember 2018, als die EVG ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Die GDL legte zuletzt vor sechs Jahren die Arbeit nieder.

Sie fordert unter anderem Lohnerhöhungen wie im öffentlichen Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine deutliche Corona-Prämie im laufenden Jahr. "Wir erwarten Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit", sagte Weselsky. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 28 Monate betragen. Auch um Betriebsrenten wird gerungen.

Wegen Milliardenverlusten in der Corona-Pandemie will die Deutsche Bahn die Erhöhung auf spätere Stufenzeitpunkte verteilen, bei einer Vertragslaufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvorsorge und der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. (APA, 11.8.2021)