Mit der Bestellung des neuen ORF-Generaldirektors Roland Weißmann beginnt die Suche nach einer neuen Geschäftsführung.

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Wien – Nach der "Wahl" ist vor der "Wahl". Mit der Bestellung des neuen ORF-Generaldirektors Roland Weißmann beginnt nun die Suche nach einer neuen Geschäftsführung. Vier Direktoren bzw. Direktorinnen und neun Landesdirektoren bzw. -direktorinnen müssen bis zur Wahl am 16. September gefunden werden. Weißmann schlägt diese vor, der ORF-Stiftungsrat bestellt sie per Abstimmung. Erste Namen werden bereits kolportiert, wichtig ist dem neuen ORF-Chef ein höherer Frauenanteil.

In der "ZiB 2" bei Armin Wolf betonte Weißmann am Dienstag nach seiner Wahl noch einmal, dass bei den zentralen Direktionen Programm, Radio, Technik und Finanzen zwei Frauen zu Direktorinnen bestellt werden sollen. Zuletzt wurden Ö3-Chef Georg Spatt für Programm und ORF-3-Geschäftsführerin Eva Schindlauer für Finanzen Chancen eingeräumt. Diese Direktionen gelten als grünes "Ticket". Als Technik-Direktor wird GIS-Chef Harald Kräuter gehandelt. Die Radiodirektion könnte damit von einer Frau geführt werden.

"Ich beteilige mich nicht an Spekulationen über einzelne Namen. Tatsächlich werde ich mit einem Team der besten Köpfe antreten – aus dem Haus und möglicherweise externe", sagte Weißmann im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Absprachen mit den Grünen gebe es nicht. Auch Lothar Lockl, der für die Grün-nahen Stiftungsräte spricht, dementierte, dass im Austausch für die drei Stimmen seines "Freundeskreises" Posten versprochen wurden. "Ich halte diese Zuschreibungen für eine Unkultur. Es wird keine Posten für irgendwelche Parteien geben. Ich möchte, dass starke, anerkannte, höchst kompetente Personen im Direktorium sind", so Lockl.

"Ausgewogene Situation"

"Tatsache ist, dass die ÖVP im Stiftungsrat die Mehrheit hat, Weißmann allein zu wählen. Die Stimmen der grünen Stiftungsräte sind genau genommen irrelevant", sagte Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen, im STANDARD. Mit der Zustimmung zu Weißmann ergebe sich die Möglichkeit, bei der Bestellung des Führungsteams ein gewichtiges Wort mitzureden. Dass den grünen Stiftungsräten zustehe, zwei der vier ORF-Direktoren zu nominieren, soll sie nicht dementiert haben. So könne laut Blimlinger für eine "ausgewogenere Situation" gesorgt und letztlich der Einfluss der ÖVP im ORF eingeschränkt werden.

Bei den Landesdirektorinnen und Landesdirektoren zeichnet sich eine Reihe von Änderungen ab. Weißmann will dort den Frauenanteil von derzeit zwei Direktorinnen erhöhen. Auf wie viel genau, wollte er sich nicht festlegen. In Wien verabschiedet sich ORF-Urgestein Brigitte Wolf in den Ruhestand. Als mögliche Nachfolger werden ORF-3-Chef Peter Schöber und Radio-Innenpolitikchef Edgar Weinzettl kolportiert. In Kärnten ist Karin Bernhard im Landesstudio umstritten, ihr Sessel könnte wackeln.

Fix sind altersbedingte Wechsel in weiteren Landesstudios. In Niederösterreich soll Chefredakteur Robert Ziegler auf Norbert Gollinger folgen, in Oberösterreich geht Kurt Rammerstorfer in Pension. Ihm könnte Chefredakteur Klaus Obereder folgen.

Interesse an Salzburg

In Salzburg, wo derzeit Christoph Takacs Landesdirektor ist, gibt es weitere Interessenten. Der Salzburger Stiftungsrat Matthias Limbeck hatte sich vor dem Sommer extra aus dem obersten ORF-Gremium zurückgezogen, um sich als Landesdirektor bewerben zu können. Interesse an der Führung des Salzburger Landesstudios werden auch der bisherigen Programmdirektorin Kathrin Zechner nachgesagt.

In der Steiermark gilt die Verlängerung von Gerhard Koch als beschlossene Sache. Auch im Burgenland hört man von keinen geplanten Änderungen. Werner Herics kann mit seiner Wiederbestellung rechnen. Gleiches gilt für Markus Klement in Vorarlberg. Veränderungen werden unterdessen für Tirol kolportiert. Dort wird nach einer Frau für die Führung des Landesstudios gesucht.

Spannend wird in den nächsten Monaten auch die Suche nach der neuen Chefredaktion für den multimedialen Newsroom, der 2022 schrittweise in Betrieb gehen soll. Der scheidende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte öfters betont, die zahlreichen Führungspositionen noch heuer in seiner Amtszeit besetzen zu wollen. Nach seiner Abwahl sagte er, dass "vier besondere Monate vor uns liegen, in denen ich die alleinige Verantwortung habe". Zugleich wolle er seine gesammelte Erfahrung an Weißmann weitergeben und diesen in wichtige Entscheidungsprozesse einbinden.

Wolf als möglicher Digital-Chefredakteur

Wrabetz brachte "ZiB 2"-Anchorman Armin Wolf, der sich bereits jetzt in der "ZiB"-Chefredaktion mit digitalen Angelegenheiten befasst, als Digital-Chefredakteur im multimedialen Newsroom ins Spiel. ORF-2-Chefredakteur Matthias Schrom habe im Fernsehbereich hervorragende Arbeit geleistet und biete sich ebenfalls für eine Führungsposition an. Zuletzt führte Wrabetz noch Radio-Vizechefredakteurin Gabi Waldner an. Mit keinem der Genannten habe er bisher in dieser Sache gesprochen. Mit dem Aufbau und der interimistischen Leitung des Newsdesks, bei dem im multimedialen Newsroom etwa die Bereiche "Monitoring", "Verification", "Aktuelle News", "Live-Teams" und "Social Media" angesiedelt sein werden, hat der scheidende ORF-Chef bereits Peter Fritz betraut.

Aber auch Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter oder TV-Chronik-Chefin und stellvertretende TV-Chefredakteurin Claudia Lahnsteiner werden im ORF-"Flurfunk" als mögliche Kandidaten für gewichtige Führungspositionen in neuen Newsroom genannt. Aigelsreiter wurde zuletzt aber auch als möglicher Radiodirektor kolportiert und Lahnsteiner als potenzielle Nachfolgerin für Georg Spatt an der Spitze von Ö3. Die Branchenzeitung "Horizont" gab ihr am Dienstag auch Chancen auf den Job der Radiodirektorin. (APA, 11.8.2021)