Bürgerinitiativen und Datenschützer haben in den vergangenen Monaten vermehrt auf die Gefahren derartiger Technologie hingewiesen.

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Weltweit wird der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware massiv ausgebaut. Immer mehr Staaten schaffen die Anonymität im öffentlichen Raum ab – begründet damit, dass auf diese Weise Kriminalität leichter zu bekämpfen sei. Auch hierzulande wird sie von der Polizei angewandt. Sie stützt sich dabei auf das Sicherheitspolizeigesetz, da dieses die Formulierung enthält, dass "technische Hilfsmittel" bei der Kriminalitätsbekämpfung erlaubt sind. Bei dem Verdacht einer vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlung darf derartige Software zum Einsatz kommen, um Bürgerinnen oder Bürger, die mit öffentlichen Kameras zu sehen sind, zu identifizieren.

Gefahren

Auf EU-Ebene werden aktuell mit einer Regulierung für künstliche Intelligenz strengere Mindeststandards für die Nutzung formuliert, ein erster Kommissionsvorschlag liegt vor. Zudem will das EU-Parlament, das sich bisher kritisch geäußert hat, in den kommenden Monaten eine eigene Position formulieren. Bürgerinitiativen und Datenschützer haben in den vergangenen Monaten vermehrt auf die Gefahren derartiger Software hingewiesen. Wie nun eine Anfragebeantwortung aus dem Innenministerium zeigt, plant die Regierung trotz der Kritik weiterhin, Gesichtserkennung einzusetzen.

Demnach erlaubt die Novelle der EU-Kommission auch mit dem aktuellen Entwurf die Anwendung zu Strafverfolgungszwecken. Die Neos kritisieren das scharf: "Das zeigt wieder einmal die mangelnde Sensibilität des Innenministeriums für die Gefahren, die vom Einsatz von Gesichtserkennungstechnologien ausgehen, und auch die Ignoranz des Innenministeriums gegenüber der problembewussten und lösungsorientierten Arbeit der EU", sagt Neos-Menschenrechtssprecher Niki Scherak, der ein gänzliches Verbot fordert. "Die damit einhergehenden menschenrechtlichen Risiken sind einfach zu groß", so Scherak.

EU-Datenschützer warnen

Im Juni hatte der Europäischen Datenschutzausschuss gemeinsam mit dem EU-Datenschutzbeauftragten Wojciech Wiewiórowski zu einem Verbot biometrischer Identifikationstechnologien im öffentlichen Raum aufgerufen. Systeme zur automatisierten Identifikation durch Biometrie würden ein "Ende der Anonymität" in öffentlichen Räumen bedeuten, mahnten Wiewiórowski und die EDPB-Vorsitzende und Leiterin der österreichischen Datenschutzbehörde, Andrea Jelinek, in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.

"Anwendungen wie Gesichtserkennung in Echtzeit greifen so sehr in Grundrechte ein, dass sie womöglich die Essenz dieser Rechte und Freiheiten infrage stellen", so die Datenschützer. Daher sei ein generelles, vorsorgliches Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum "ein notwendiger Ausgangspunkt", wenn "wir unsere Freiheiten aufrechterhalten wollen" sowie eine "auf den Menschen zentrierte rechtliche Grundlage für KI" schaffen wollen. (muz, 11.8.2021)