Polizisten sperrten in Yangon eine Straße ab, nachdem im Zentrum mehrere Bomben hochgegangen waren.

Foto: EPA/Stringer

Der Sprung von fünf jungen Menschen von einem Hausdach in Myanmars Hauptstadt Yangon hat am Mittwoch Schockwellen im Internet ausgelöst. Sie waren bei einer Razzia von einem Gebäude gesprungen, um nicht in die Hände des Militärs zu fallen. Mindestens zwei von ihnen starben Medienberichten zufolge. Ihre Identität ist nur teilweise bekannt. BBC Burmese konnte mit einigen Familienangehörigen sprechen, die den Vorfall bestätigten.

Der Sprung von dem Gebäude in Botahtaung löste eine Welle der Solidarität in den sozialen Netzwerken aus. Memes und Beileidsbekundungen wurden tausendfach geteilt. "Wie viel müssen wir bezahlen, damit wir die Demokratie bekommen, die wir wollen?", schrieb ein User. Der Vorfall entfachte die Protestbewegung gegen den Putsch vom 1. Februar erneut.

Schon in den Monaten zuvor war das Netz ein wichtiger Ort für junge Demonstrierende, um sich gegen den Putsch kreativ zu wehren.

Tödliche Covid-Welle

In den vergangenen Wochen war es eigentlich etwas ruhiger in dem blutigen Konflikt geworden – auch wegen einer tödlichen Covid-Welle, die viele Menschen in ihre Häuser zwang. Doch spätestens seit dem Wochenende nehmen die gewalttätigen Zusammenstöße und Proteste wieder zu. Am Sonntag jährte sich der Schlüsseltag der Demokratiebewegung der 1980er: Am 8.8.1988 – die Acht gilt als Glückszahl in dem mehrheitlich buddhistischen Land – hatte Aung San Suu Kyi zu landesweiten Protesten aufgerufen, die die Junta in den Folgewochen gewalttätig niedergeschlagen hat.

Auch dieses Jahr protestierten viele Menschen in den großen Städten wie Yangon und Mandalay gegen die Junta, die sich im Februar abermals an die Spitze des Staats geputscht hatte. Außerdem gingen noch am Dienstag Bomben in Yangon hoch. Der Konflikt um die Macht im Land hat schon hunderte Todesopfer gefordert. Laut der NGO Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) wurden bisher mindestens 960 Zivilisten getötet. Die Nationale Einheitsregierung (NUG) gab wiederum an, aus dem Untergrund über ihre Milizen 740 Tatmadaw-Soldaten getötet zu haben.

Schweigen der Junta

Die Tatmadaw hat das bisher nicht kommentiert. In einer seltenen Stellungnahme wies sie am Montag Vorwürfe zurück, hinter dem versuchten Anschlag auf den UN-Botschafter Myanmars in New York zu stecken. Dieser hatte sich bereits im Februar medienwirksam von der Tatmadaw distanziert.

Die Länder des südostasiatischen Bundes ASEAN arbeiten unterdessen an einer diplomatischen Lösung des Konflikts. Im Einvernehmen mit der Militärregierung wurde vergangene Woche ein Sondergesandter aus Brunei gewählt, der dabei helfen soll, das Land aus der tiefen Krise zu führen. Die NUG und über 400 Zivilorganisationen lehnten ihn ab, weil sie nicht einbezogen wurden.

China springt in die Bresche

Die USA und die EU haben angesichts der verheerenden Corona-Krise im Land zwar einige ihrer Hilfsgelder reanimiert, doch im Allgemeinen wurden Zahlungen und Kooperationen mit dem Land auf Eis gelegt. So springt nun der Nachbar China in die Bresche. Anders als die westlichen Demokratien stellt Peking nicht viele Fragen zu den Themen Demokratie oder Menschenrechte.

Diese Woche wurde ein Abkommen zwischen Myanmar und China unterzeichnet, um die Kooperation im Rahmen des "Mekong-Lancang Cooperation Framework" aufzunehmen. Für China ist der Zugang zu Myanmar in vielerlei Hinsicht wichtig. Unter anderem braucht China das Land für seinen Zugang zum Indischen Ozean. Während der Demokratisierungsphase ab 2010 wurde die Quasimonopolstellung Pekings im Land aufgebrochen. Nun scheinen die internationalen Machtverhältnisse wieder in die alten Bahnen zu fallen.

UN zeigt sich besorgt

Die UN-Sondergesandte Christine Schraner Burgener bezeichnete die Situation im Land am Dienstag als "immer noch besorgniserregend". Vor allem die jüngsten Schritte von General Min Aung Hlaing betrachtet sie mit Argwohn. So hat der General im Juli angekündigt, versprochene Neuwahlen erst 2023 umzusetzen. Das Wahlergebnis, das international als weitgehend korrekt anerkannt wurde, hatte er annulliert. Sich selbst hat er außerdem zum Premierminister ernannt – und ist somit dem thailändischen Modell gefolgt.

In dem östlichen Nachbarstaat kam es 2014 ebenfalls zu einem Putsch. Der dafür verantwortliche General Prayut Chan-ocha hat sich kurzerhand zum Premierminister gemacht und in den folgenden Jahren einige Pseudo-Oppositionsparteien zugelassen. Bei den Parlamentswahlen 2019 bestätigte er schließlich seine Position.

Auch in Thailand kam es am Mittwoch zu Protesten. In Bangkok nahmen hunderte Menschen an Antiregierungsdemos teil. Vor einem Jahr hat eine junge Protestbewegung regelmäßig für internationale Schlagzeilen gesorgt. Eine neue Corona-Welle in Thailand heizt nun die Unzufriedenheit im Land wieder an. Es kommt wieder öfter zu Protesten. (saw, 11.8.2021)