Wer soll über die Widmung von Bodenflächen entscheiden? Darüber ist eine politische Debatte entbrannt.

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Der Gemeindebund wendet sich gegen den Vorschlag der Neos, den Gemeinden Kompetenzen bei der Flächenwidmung zu entziehen. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat am Montag im ORF-"Sommergespräch" die zunehmende Bodenversiegelung in Österreich kritisiert und einen Grund dafür auch in der Zuordnung der Widmungskompetenzen in der Raumordnung verortet: "Ich glaube, dass der Weg falsch ist, dass das jede Gemeinde machen darf. " Zudem forderte Meinl-Reisinger ein Bundesrahmengesetz für Raumordnung.

Laut Maria Schachinger, der Bodenschutzsprecherin des WWF, sticht Österreich bei der Bodenversiegelung europaweit negativ hervor. "Österreich belegt hier Stockerlplätze, beispielsweise wenn man sich die Einkaufsfläche pro Kopf ansieht, wo wir in Österreich 1,6 Quadratmeter pro Person haben. Wir haben auch eines der dichtesten Straßennetze in ganz Europa, und die meisten Großschigebiete. Da hat es in den letzten Jahrzehnten schon deutliche Versäumnisse in der Raumordnungspolitik gegeben", sagte sie im ORF-Mittagsjournal.

Der Gemeindebund – die Interessenvertretung der österreichischen Gemeinden – kann Meinl-Reisingers Vorschlag nichts abgewinnen, wie Generalsekretär Walter Leiss am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" erklärte. Es sei "nicht vorstellbar", dass die Zuständigkeit für die Flächenwidmung den Gemeinden weggenommen werde. Die Gemeinden wüssten am besten, wie ihr örtlicher Lebensraum zu gestalten sei. Als Maßnahme gegen Bodenversiegelung sei dies auch nicht geeignet, zumal der Gemeinderat ohnedies an landesgesetzliche Regelungen zur Raumordnung gebunden sei. So würden schon derzeit typische Bausünden der Vergangenheit, wie das Errichten von Einkaufszentren auf der grünen Wiese, verhindert. Um das Bebauen bereits gewidmeter Bauflächen zu fördern, kann sich Leiss indes Landes- oder Bundesvorgaben vorstellen, um Siedlungsräume kompakt zu halten.

Strengere Landesgesetze gefordert

Auch der oberösterreichische Landesrat Stefan Kaineder will an der Widmungskompetenz der Gemeinden festhalten: "Das finde ich gescheit, dass die Bürger entscheiden, wie sich ihr Dorf weiterentwickelt." Es brauche aber als Rahmen strengere Raumordnungsgesetze auf Landesebene. So solle etwa anhand von Bodenkarten der Bundesländer klar festgelegt werden, dass besonders fruchtbare Böden und Grünzonen in der Umgebung von Ballungsräumen nicht bebaut werden dürfen. Wie der Gemeindebund sieht auch der Grüne Kaineder die Länder in der Pflicht, Gemeinden bei der Mobilisierung von bereits gewidmeten Baulandreserven zu unterstützen.

Bereits am Mittwoch hat sich Elisabeth Köstinger (ÖVP), die Ministerin für Regionen, gegen den Neos-Vorstoß positioniert. Die Gemeinderäte sollen ihr zufolge weiterhin für Widmungen verantwortlich sein, denn "diese kennen die Verhältnisse vor Ort am besten", wie sie der APA sagte. Die Raumordnungsgesetze auf Landesebene würden zudem laufend verschärft. Ein Bundesrahmengesetz zur Eindämmung des Flächenverbrauchs braucht es laut Köstinger nicht: "Die Zentralisierung von Raumordnung im Glasturm von Wien aus ist mit Sicherheit nicht die Antwort auf diese Aufgabenstellung."

Ähnlich sieht das auch Maria Schachinger vom WWF: "Ich glaube, es ist nicht die richtige Diskussion, hier die Entscheidungsebene zu verschieben, sondern die Diskussion sollte sein, nach welchen Regeln und Rahmenbedingungen die Widmungspolitik und die Raumordnungspolitik gestaltet werden. " (ta, 12.8.2021)