Ortsungebundener Unterricht auch nach Pandemieende? Manche sehen darin auch Vorteile.

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Es haftet ihm nicht der beste Ruf an. Zu lange wurde Distance-Learning zur pandemiebedingten Notfallmaßnahme erklärt – mit allen mittlerweile bekannten Nachteilen für Schülerinnen und Schüler. Die Zeit des Fernunterrichts war begleitet von fehlenden Sozialkontakten, psychischen Problemen, Bewegungsmangel und vielem mehr. Über den Zeitpunkt, den Isabella Zins für ihre Initiative gewählt hat, lässt sich also diskutieren.

Die Sprecherin der AHS-Direktorinnen, auch aktiv bei der Bildungsplattform "Leistung und Vielfalt", rührt nämlich ausgerechnet jetzt die Werbetrommel für das Distance-Learning. Wie das zusammengeht mit ihrer Forderung vom Frühjahr, wonach der Unterricht an den Schulen so schnell wie möglich wiederaufgenommen werden sollte? Zins argumentiert, dass es auch positive Aspekte beim ortsungebundenen Unterricht gebe: So könne etwa klassen- und fächerübergreifend gelernt werden, die Arbeit in Kleingruppen sei auf diese Weise auch ohne räumliche Begrenzung im Schulgebäude möglich. Zins erwähnt aber auch die Möglichkeit, dem eigenen Biorhythmus folgen zu können. Gerade Letzteres habe sie gegen Ende des vergangenen Corona-Semesters öfters von den Schülerinnen und Schüler der Oberstufenklassen gehört.

Zielgruppe Oberstufe

Genau für diese Zielgruppe wünscht sich Zins jetzt eine gesetzliche Basis, damit am Schulstandort entschieden werden kann, dass einzelne Klassen "in begründeten Fällen unbürokratisch auf Distance-Learning umsteigen können".

Unterstützung kommt von AHS-Lehrergewerkschafter Herbert Weiß, er knüpft sie aber an ein großes Aber: Das Ganze solle "nicht zum Regelfall werden", sondern auf wenige Tage – etwa Projektunterricht – beschränkt sein. Ähnlich sieht das Roland Gangl, Lehrervertreter an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Für einzelne Klassen und Fächer könne das durchaus sinnvoll sein, "etwa für Übungsphasen". Wichtig sei, dass Distance-Learning nicht zur neuen Norm werde. Das will freilich auch Zins nicht. Dem STANDARD sagt sie, die Möglichkeit zum Fernunterricht solle jedenfalls "nicht über Gebühr strapaziert werden".

Offenes Ohr im Ressort

Nachfrage im Bildungsministerium, wie man hier den Vorschlag der Praktikerinnen bewertet: In manchen Schultypen, in bestimmten Fächern könne eine schulautonome Entscheidung über einen zeitweise ortsungebundenen Unterricht schon Sinn machen, heißt es. Allerdings gebe es noch "eine Reihe offener rechtlicher Fragen", an deren Beantwortung auf Beamtenebene derzeit gearbeitet werde. Ob und wann das Ganze dann an den Schulen ankommen wird? "Sicher nicht im kommenden Schuljahr." (Karin Riss, 12.8.2021)