E-Shuttles transportieren die Gäste zum Naturparkzentrum.

Foto: TVB-Tiroler Oberland-Kaunertal-Severin Wegener

Kaunertal – Während der Tourismus andernorts versucht, sich neu zu erfinden, geht man im Tiroler Kaunertal schon seit mehreren Jahren neue, nachhaltige Wege. Denn eine Umstellung des Systems von heute auf morgen sei ohnehin nicht möglich, wie die Geschäftsführerin des örtlichen Tourismusverbands (TVB), Michaela Gasser-Mark, erklärt. Sie setzt mit ihrem Team auf Ehrlichkeit, bindet die Bevölkerung in Überlegungen und Projekte mit ein.

Unter dieser Ehrlichkeit versteht Gasser-Mark zum Beispiel, sich vom Wort Klimaneutralität zu distanzieren. "Weil dahinter nichts anderes steckt als weitermachen wie bisher und sich von der Verantwortung freikaufen." Im Kaunertal setzt man lieber auf konkrete Projekte vor Ort, wie etwa das Programm "Raus aus Öl". Dabei berät und begleitet der TVB mithilfe von Experten lokale Betriebe, die von Ölheizungen auf umweltfreundlichere Technologien umsteigen wollen. "Das sind für kleine Betriebe große Investitionen. Wir haben gesehen, dass es enorm hilft, wenn sie dabei über den gesamten Prozess jemanden an ihrer Seite haben", sagt Gasser-Mark.

Kleine Projekte für große Wirkung

Es ist eine Vielzahl kleiner, aber wirkungsvoller Projekte, die man im Kaunertal verfolgt. Vom Klima-Wanderführer über E-Shuttle-Busse zum Naturparkzentrum, wohin es bislang keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, bis hin zur Förderung für Regenwassertonnen, um den Wasserverbrauch zu senken.

"Unser Tourismus fußt auf der Natur, die wir haben", erklärt die Touristikerin. Daher gelte es, diese Natur zu schützen. Nur so könne man auch gegenüber den Gästen glaubwürdig sein. Hatte das kleine Kaunertal jahrzehntelang Nachteile gegenüber den Großen in Tirol wie Ötz- oder Zillertal, so wird die Kleinstrukturiertheit nun zum Vorteil, weil sich Projekte besser umsetzen lassen.

Klimawandel nutzen

Aber Gasser-Mark weiß, dass es ein langer Prozess ist, bis auch die Gäste die neuen Konzepte annehmen: "Der Gast ist ein Gewohnheitstier, gerade im Urlaub." Im Kaunertal versucht man zudem, den Klimawandel zu nutzen. Etwa indem man für die Sommerfrische Werbung macht und kühle Nächte in den Bergen als Argument dafür bringt.

Es gehe darum, Tourismus nachhaltig zu betreiben, im Einklang mit der Natur und der Bevölkerung vor Ort. Dazu gehört auch das Skifahren am Kaunertaler Gletscher. "Wir wissen, dass das Thema triggert, aber für uns ist der Gletscher das Rückgrat, 60 Prozent des Umsatzes machen wir immer noch mit Wintergästen." Man versuche daher, den Gletscher in die neue Strategie miteinzubeziehen, etwa über Pistenraupen mit Wasserstoffantrieb oder Bahnen, die sich rein aus Sonnenenergie speisen. (ars, 13.8.2021)