Menschen am Times Square in New York, der bevölkerungsreichsten Stadt der USA.

Foto: EPA

Washington – Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten ist im vergangenen Jahrzehnt diverser geworden. Wie aus Daten des US-Zensus hervorgeht, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, ging der Anteil der Weißen an der Gesamtbevölkerung zwischen 2010 und 2020 um 8,6 Prozent auf rund 204 Millionen zurück. Die "Washington Post" schrieb, es sei das erste Mal in der Geschichte des Zensus, dass die Zahl der Weißen im Land gefallen sei.

Nach offiziellen Angaben stellen sie jedoch weiter die größte Bevölkerungsgruppe – mit einem Anteil von 61,6 Prozent an der Gesamtbevölkerung von rund 330 Millionen. Die Statistiker stellten allerdings fest, dass die US-Bevölkerung deutlich gemischter und vielfältiger sei, als es Zählungen in der Vergangenheit ergeben hätten. Das liege sowohl an demografischen Veränderungen als auch an neuen Erhebungsmethoden.

Multiethnisch

Laut Zensusdaten wuchs die Zahl der Menschen mit spanischen oder lateinamerikanischen Wurzeln seit 2010 um 23 Prozent auf rund 62 Millionen. Sie machen damit 18,7 Prozent der Bevölkerung aus. Der Anteil der Afroamerikaner an der Gesamtbevölkerung liegt den aktuellen Zahlen nach bei 12,4 Prozent, asiatischstämmige Menschen machen demnach sechs Prozent der Bevölkerung aus.

Einen bedeutsamen Sprung machte die Zahl jener, die sich in den USA als Angehörige mehrerer dieser und anderer Bevölkerungsgruppen identifizieren – in verschiedensten Kombinationen. Ihre Gruppe wuchs laut Zensus von neun Millionen im Jahr 2010 auf 33,8 Millionen im Jahr 2020 – ein Anstieg um 276 Prozent.

Die zehn größten Städte der USA sind laut Statistik nun New York, Los Angeles, Chicago, Houston und Phoenix, das Philadelphia auf den sechsten Platz verwies und die am schnellsten wachsende Stadt der Top Ten war. Die Bevölkerung in Phoenix wuchs um 11,2 Prozent. The Villages – eine Pensionistengemeinschaft in Florida – war der am schnellsten wachsende Ballungsraum des Landes.

Politische Auswirkungen

Dass vor allem die Südstaaten wachsen – und damit die traditionellen republikanischen Hochburgen –, hat auch politische Auswirkungen. Denn Bundesstaaten, die bei der vergangenen Wahl für Donald Trump gestimmt haben, erhalten durch ihren Bevölkerungszuwachs künftig fünf Sitze mehr im Repräsentantenhaus und verlieren nur zwei. Die nördlichen Staaten, in denen Joe Biden siegte, werden fünf verlieren und nur zwei gewinnen. Damit könnten die Demokraten ihre hauchdünne Mehrheit im Kongress einbüßen.

Mit den Zugewinnen in republikanischen Staaten geht aber auch der Kampf um die Grenzziehungen für Wahlbezirke in die heiße Phase. Denn aufgrund des Zensus werden auch diese neu definiert. In Texas wird befürchtet, dass sich in der Definition der Wahlbezirke nicht widerspiegelt, dass die Bevölkerungszuwächse in dem Bundesstaat vor allem auf mehr lateinamerikanischstämmige Menschen zurückzuführen sind.

Kampf der Parteien

Durch Gerrymandering – das Zuschneiden von Bezirken zugunsten der Interessen der eigenen Partei – könnten die Republikaner die Grenzen so ziehen, dass ihre Wählerschicht in den Wahlgebieten weiterhin in der Mehrheit bleibt. Sie können das, weil sie die Mehrheit in den entsprechenden politischen Gremien besitzen – und haben das bereits vor zehn Jahren getan. Auch in Florida und North Carolina wäre das der Republikanischen Partei möglich.

Die Demokraten haben sich bereits vorbereitet und in mehreren Bundesstaaten Klagen eingereicht, um Gerichten und nichtpolitischen Gremien mehr Verantwortung bei der Grenzziehung zu verschaffen. Das National Democratic Redistricting Committee, eine Interessengemeinschaft des ehemaligen Justizministers Eric Holder, hat bereits im April in Louisiana, Minnesota und Pennsylvania entsprechende Schritte eingeleitet. "Wir kämpfen für eine faire Karte, die den Willen der Wähler repräsentiert", sagte Kelly Ward Burton, die Präsidentin der Vereinigung, zur "Washington Post": "Wenn die Republikaner versuchen, das zu ignorieren, und sich an die Macht gerrymandern wollen, dann sind wir bereit zu klagen." (bbl, APA, 13.8.2021)