Die Bemühungen der Wirtschaft, mehr Frauen zu einem Studium in Mint-Fächern zu bewegen, bleiben unbelohnt.

Foto: APA-FOTOSERVICE/PHILIPP GREINDL

Wien – Wer ein Studium aus den Feldern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (Mint) abschließt, kann sich auf einen gut bezahlten Job einstellen. Der Frauenanteil ist in Österreich aber trotz Bemühungen von Wirtschaft und Politik weiter gering. Zuletzt lag er bei unter einem Viertel, zusätzlich brechen Frauen in Mint-Fächern ihr Studium häufiger und früher ab, zeigt eine aktuelle Sonderauswertung der Studierendensozialerhebung 2019.

Im Studienjahr 2018/19 gab es an den öffentlichen Unis in den Bachelorstudien aus dem Bereich Informatik und Kommunikationstechnologie (IKT) 22 Prozent Frauen, in Ingenieurwesen und verarbeitendem Gewerbe 23 Prozent und in Mint-Studien an den Fachhochschulen (FH) jeweils 24 Prozent. Zum Vergleich: In anderen Ausbildungsfeldern beträgt der Frauenanteil an den Unis 59 Prozent und an den FH 64 Prozent. In den Pädagogikstudien, die sich ein Forschungsteam am Institut für Höhere Studien (IHS) um Anna Dibiasi zum Vergleich angesehen hat, sind es gar 70 Prozent.

Job out

Frauen beginnen aber nicht nur deutlich seltener als Männer ein MINT-Studium, sie schaffen es auch seltener bis zum Titel: In IKT etwa schließen 28 Prozent der Männer ihr Studium innerhalb von 13 Semestern positiv ab, bei Frauen sind es 17 Prozent. Nach dem Abbruch beginnen Frauen außerdem deutlich öfter ein anderes Studium als Männer (27 gegenüber 13 Prozent im Falle von IKT). "Es handelt sich daher tatsächlich häufiger um Studienwechsel und nicht um Studienabbrüche, die etwa durch Pull-Faktoren des Arbeitsmarkts verursacht werden", schreiben die Wissenschaftlerinnen in dem Bericht. Zur Erklärung: Vor allem in Informatik kommt es häufig zur Abwerbung Studierender durch Arbeitgeber ("Job out").

In den Bildungswissenschaften sind es hingegen die Frauen, die eine deutlich höhere Erfolgsquote beim Studienabschluss haben (36 gegenüber 21 Prozent bei Männern). Unter Studierenden, die in einem anderen Land ihren Schulabschluss gemacht haben, ist die Erfolgquote der Frauen in Mint-Fächern übrigens nicht geringer als jene der Männer.

Schulische Vorbildung macht den Unterschied

Ein Faktor für diese Geschlechtsunterschiede ist für die Wissenschaftlerinnen die unterschiedliche schulische Vorbildung: Die Erfolgsquoten sind bei jenen, die an einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) maturiert haben, deutlich höher als nach einem AHS-Abschluss. Allerdings haben nur acht Prozent der Frauen, die ein MINT-Studium beginnen, an einer HTL maturiert und 52 an einer AHS (Männer: 37 bzw. 30 Prozent). Dazu kommt, dass sich deutlich weniger Frauen als Männer nach der HTL-Matura überhaupt für ein MINT-Studium entscheiden (15 Prozent gegenüber 48).

Doch selbst wenn nur Frauen und Männer mit der gleichen schulischen Vorbildung verglichen werden, bleiben die Unterschiede in der Erfolgsquote groß (bei IKT etwa 24 gegenüber 39 Prozent). "Frauen im Mint-Fokusbereich erleben damit eine doppelte Benachteiligung", betonen die Forscherinnen.

So schreiben sich etwa Frauen unabhängig von der besuchten Schulform deutlich häufiger schlechte Mathematik- und Computervorkenntnisse zu als ihre Studienkollegen. Frauen fühlen sich außerdem unmittelbar vor Studienbeginn deutlich seltener gut informiert über studien- und arbeitsmarktbezogene Aspekte ihre Studiums, zögern deutlich öfter bei ihrer Studienwahl und sind im Studium öfter unzufrieden mit der Studierbarkeit (Wartezeiten, Prüfungsdichte, Planbarkeit etc.) und der Qualität der Lehre.

Handlungsbedarf

Die Studienautorinnen sehen angesichts dieser Ergebnisse "erhöhten Handlungsbedarf", wenn man ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Mint-Studien erreichen will – und zwar nicht nur beim Zugang zu diesen Fächern, sondern auch bei den konkreten Studienbedingungen und der Frage des Studienerfolgs. (APA, 13.8.2021)