Firmenübergaben innerhalb der Familie sind eine heikle Aufgabe. Wie ist es steuerlich am besten? Wer setzt die Verträge auf? Wer bekommt wie viel Geld? Das sind die Fragen, mit denen sich Firmenchefs bei der Übergabe innerhalb der Familie meist zuerst und oft ausschließlich befassen. Und dann wundern sie sich, warum sie trotzdem scheitern.

Ursachen liegen oft nicht im organisatorischen Teil. Viel häufiger hakt es im Zwischenmenschlichen. Firmenweitergaben im familiären Umfeld lassen keinen Lebensbereich unangetastet. Privates verschwimmt gänzlich mit Beruflichem. Einzelfälle sind das nicht. Fast überall gibt es Hürden zu meistern.

Die betriebliche Staffelübergabe innerhalb der Familie birgt viele Hindernisse, kein Lebensbereich bleibt dabei unangetastet.
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Ein Praxisbeispiel: Die Zahnarztpraxis mit rund 20 Mitarbeitern besteht seit 30 Jahren. Der Gründer: ein Pionier, Entwickler zahlreicher Patente, international anerkannter Experte und vom Typ her kreativ und nicht immer planbar. Der Sohn und Nachfolger: ein aufstrebender Experte der Zahnheilkunde, vom Typ her präzis, strukturiert, effizient und verlässlich. Explosiver Zündstoff, den es zu entschärfen galt. Diese sieben Tipps können bei der Übergabe hilfreich sein:

  • Ran an die familiären Konflikte Alles, was die Familie unausgesprochen belastet, wirkt sich auf die Firmenweitergabe aus. Schicksalsschläge, Verletzungen, Scheidungen, Kränkungen müssen für einen gelungenen Neustart ans Licht geholt werden. Gut möglich, dass auch außenstehende Familienmitglieder etwas dazu beitragen können. Der Nutzen: ein besseres gegenseitiges Verständnis und eine neue Gesprächskultur.

  • Wie ticke ich, und wie tickst du? Es gibt unterschiedlichste Persönlichkeitstypen. Nachfolger sind keine Abziehbilder von Vorgängern – oft sogar das Gegenteil. Dieses Anderssein ist oft Grund für Ärger und Stress. Aber gerade in der Vielfalt liegt die Stärke. Gelungene Übergaben holen das Beste aus beiden Welten heraus.

  • Es ist gut, wie es bisher war So wichtig und so oft übergangen: Es geht darum, die Leistungen des Gründers zu würdigen. Auch das Team spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Jedes Unternehmen hat seine eigene DNA, einen eigenen Charakter, der sich in vielen Jahren entwickelt hat. Diese Werte dürfen nicht von heute auf morgen auf den Kopf gestellt werden, sonst würde man das bisher Geleistete entwerten.

  • Neun Monate für neues Leben Veränderungsprozesse brauchen Zeit. Alle Beteiligten müssen sie verstehen und den Weg mitgehen. Es braucht Spielraum für unvorhersehbare Ereignisse und Gewöhnung an das Neue. Neun Monate, wie bei einer Schwangerschaft, sind ein guter Zeitraum für den Wechsel.

  • Jeder braucht ein Zukunftsbild Für den Gründer: Zukunft auf dem Golfplatz? Vielleicht ja. Vielleicht aber auch ein kleines fixes Arbeitspaket in der Firma. Wer kein verlockendes Bild für die Zukunft hat, bleibt im alten Leben hängen und kann nicht loslassen. Für den Nachfolger: Wie kann ich meine Handschrift einbringen und ein guter Chef sein? Wie kann ich Arbeit, Familie, Freizeit vereinbaren? Ein energievolles Zukunftsbild motiviert und gibt Kraft für alle Herausforderungen.

  • Wer ist noch betroffen? Sehr oft werden die Mitarbeiter vergessen oder sind nicht Bestandteil des Prozesses. Sie würden es gern beiden recht machen. Das kann sie im Alltag vor Zerreißproben stellen. Wer auf Mitarbeiter vergisst, sie im Unklaren lässt, riskiert schnell, dass sie sich beruflich neu orientieren.

  • Unterstützung holen Regelmäßiges Coaching während und nach dem Prozess hilft, aufkommende Konflikte konstruktiv zu lösen, Lernerfahrungen zu reflektieren und bei ungeplanten Veränderungen möglichst auf Kurs zu bleiben. Vor allem aber bringt es eine objektive Sicht auf die Dinge, um im bewegten Strudel der Übergabe nicht die Richtung zu verlieren. (17.8.2021)