Auch an Forschungseinrichtungen sitzen Fotografinnen und Fotografen, deren Werke sich sehen lassen können – das soll der Fotowettbewerb des wissenschaftlichen Journals "BMC Ecology and Evolution" 2021 beweisen. Fachleute aus Ökologie und Evolutionsbiologie konnten mit ihren eingereichten Beiträgen zeigen, wie nah die Wissenschaft an vielen Stellen auch einer künstlerischen Auseinandersetzung kommen kann.

Ausgewählt wurden die Gewinnerbilder von der Herausgeberin Jennifer Harman sowie führenden Mitgliedern der Zeitschrift. "Unsere Redakteure haben mit ihrem Fachwissen dafür gesorgt, dass die Siegerbilder nicht nur aufgrund der wissenschaftlichen Geschichten, die hinter ihnen stehen, sondern auch aufgrund der technischen Qualität und Schönheit der Bilder selbst ausgewählt wurden", sagt Harman.

In der Kategorie Naturschutzbiologie und auch in der Gesamtplatzierung ganz vorne: die Fotografie eines Schwarms Stachelmakrelen vor Heron Island im Great Barrier Reef, Australien, die Kristen Brown von der Universität Pennsylvania im US-amerikanischen Philadelphia festhielt.

Die Fische in spiralförmiger Formation stehen laut Fotografin nicht nur für die Schönheit und den Reichtum der Ozeane, sondern auch für die Krise der Meeresökologie, die sich immer weiter zuspitzt. Denn Korallenriffe mit starkem Bewuchs und üppigen Fischpopulationen, wie sie in diesem Teil des Great Barrier Reef noch zu sehen sind, werden immer seltener: "Ohne konzentrierte Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Verbesserung der Wasserqualität laufen die Korallenriffe, wie wir sie kennen, Gefahr, noch zu unseren Lebzeiten zu verschwinden", sagt Brown.

Foto: Kristen Brown

Auf den zweiten Platz schaffte es keine Federboa, sondern ein Krustentier vom Baikalsee, Eulimnogammarus verrucosus. Das Lebewesen ist von parasitären Wimperntierchen befallen. Das Foto der Biologin Xenia Wereschtschagina von der Staatlichen Universität Irkutsk in Russland gewann außerdem in der Kategorie "Evolutionäre Entwicklungsbiologie und Biodiversität".

Foto: Kseniya Vereshchagina

In der Kategorie Populationsökologie gewann das Bild "Kleine große Migration" des Evolutionsbiologen Roberto García-Roa von der Universität Valencia in Spanien. Es zeigt Termiten, die in einem malaysischen Wald an einem Seil entlangwandern. "Tausende von Termitensoldaten (als Soldaten werden jene Termiten bezeichnet, die für die Verteidigung der Kolonie sorgen, Anm.) sind in der Lage, sich in einem komplexen sozialen Umfeld zu bewegen, in dem jedes Individuum seine eigene Aufgabe hat, die insgesamt in ein globales Ziel eingebettet ist: das Überleben und die Fortpflanzung der Kolonie", sagt García-Roa. "In diesem Fall nutzten die Termiten ein zurückgelassenes Seil, um sich durch den malaysischen Wald zu bewegen. Sobald der Mensch verschwindet, erobert sich die Natur ihren Raum zurück und nutzt das, was sie zum Überleben braucht."

Foto: Roberto García-Roa

Auch in zwei weiteren Kategorien kamen Fotos García-Roas auf den ersten Platz. Hier sieht man für die Wettbewerbskategorie "Menschliche Evolution und Ökologie" einen Forscher und einen auf zwei Beinen auf einem Laufband gehenden Pavian in einer französischen Primatenstation. Ziel der Studie ist es, mehr über die Entwicklung der zweibeinigen Fortbewegung zu erfahren.

Foto: Roberto García-Roa

Beeindruckend ist das Bild des Forschers und Fotografen in der Rubrik "Verhaltensökologie": Hier ist die Spinne nicht Räuberin, sondern Beutetier, und zwar das einer Wespe. Festgehalten wurde das Schauspiel in Tiputini, Ecuador.

Foto: Roberto García-Roa

Abstrakter sieht die Nahaufnahme eines Zebrafischs aus, die die Zellbiologin Chey Chapman vom Londoner Royal Veterinary College einreichte. Sie demonstriert die Regenerationsfähigkeit des Fischs, der in der Biologie häufig als Modellorganismus eingesetzt wird: An der weißen Linie wurde die Schwanzflosse des Zebrafischs beschnitten und konnte innerhalb von nur zwei Wochen nachwachsen. Das Foto gewann in der Kategorie "Ökologische Entwicklungsbiologie".

Foto: Chey Chapman

Weniger künstlerisch, aber verhaltensbiologisch spannend: das Lieblingsbild der Herausgeberin, das eine nächtliche Begegnung eines "Riesen-Gladiatorenfroschs" (Boana boans) mit einer Schlange (Helicops angulatus) festhält. Sekunden später gelang dem Frosch die Flucht vor dem Schlangenangriff. Schon früher wurde beobachtet, dass die Frösche Schlangen entkommen können, auch wenn diese bereits zugebissen haben – indem sie Notrufe aussenden, herumspringen und ihre Lungen aufblähen. So wird es für kleinere Schlangen schwierig, sie festzuhalten. Hinter der Kamera: Biodiversitätsforscher Dimitri Ouboter vom Institute for Neotropical Wildlife and Environmental Studies im südamerikanischen Surinam. (red, 13.8.2021)

Foto: Dimitri Ouboter