Wer in einem Wohnungseigentumsobjekt eine E-Ladestation haben möchte, wird das künftig leichter durchsetzen können.

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Wer sich in der Garage eines Wohnungseigentumsobjekts eine Ladestation für sein E-Auto wünschte, musste bisher Klinken putzen. Dafür war nämlich die Zustimmung aller Miteigentümer notwendig – und in großen Wohnhäusern ist das häufig ein Ding der Unmöglichkeit.

Das soll eine Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ändern. Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf lief am Freitag ab. Mit der als "Right to Plug" angekündigten Neuerung wird die Errichtung einer E-Ladestation in die Liste "privilegierter Änderungen" aufgenommen. Die Miteigentümer müssen über die geplante Maßnahme weiterhin in Kenntnis gesetzt werden, ihr Schweigen zählt aber künftig als Zustimmung.

Mit der Gesetzesänderung soll der Klimaschutz im Wohnbau vorangetrieben werden. Auch die Errichtung einer Photovoltaikanlage in bestimmten Gebäudetypen sowie Beschattungen werden so erleichtert.

Mehr Klimaschutz?

Die nicht immer ganz friktionsfreie Willensbildung in Wohnhäusern wird außerdem vereinfacht. Ein Beschluss, etwa zu einer Verbesserungsmaßnahme im Haus, zählt künftig auch mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, die aber insgesamt ein Drittel der Miteigentumsanteile ausmachen müssen. "Das kann zu einer Belebung für die Wohnungseigentumsgemeinschaft führen", urteilt Walter Rosifka, Jurist bei der Arbeiterkammer.

Doch wird die Novelle ihr Ziel erreichen und den Klimaschutz im Wohnbau vorantreiben? Für den Rechtsanwalt Thomas In der Maur handelt es sich bei der Novelle nur um ein "zartes Pflänzchen". Die erwähnte Erleichterung bei den Photovoltaikanlagen sei eine "Augenauswischerei", weil diese nur als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichtete Wohnungseigentumsobjekte betrifft. "Die klimarelevante Auswirkungen davon werden sich in Grenzen halten", urteilt In der Maur.

"Wichtiger Schritt"

Doch durch die erwähnte vereinfachte Beschlussfassung könnte nun auch in anderen Wohnhäusern die Photovoltaikanlage auf dem Dach in erreichbarere Nähe rücken. Das hofft man in der Photovoltaikbranche, wo man die WEG-Novelle – in Kombination mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das vor kurzem in Kraft getreten ist – als "wichtigen Schritt" bezeichnet.

Denn die nötige Zustimmung aller Miteigentümer habe oft abschreckend gewirkt, viele Versuche seien im Keim erstickt worden, erzählt Vera Immitzer, Geschäftsführerin vom Bundesverband Photovoltaic Austria. Doch zusätzlich zur gesetzlichen Neuerung brauche es mehr finanzielle Anreize für die Energiegewinnung am Dach – und einen Kümmerer im Haus, der die Sache in die Hand nimmt.

Was trotz grünen Anstrichs im Entwurf fehle, sind Klarstellungen zu den angesichts der Klimakrise wichtiger werdenden vertikalen Gebäudebegrünungen im Altbestand, kritisiert Rechtsanwalt In der Maur. Dabei gebe es hier viele "rechtlich kniffligen Fragen".

Erhöhung der Rücklagen

Eine Änderung, die sich in vielen Wohnungseigentumsobjekten vermutlich am schnellsten bemerkbar machen wird, ist aber die Mindestdotierung der Rücklage, damit Erhaltungsmaßnahmen und Sanierungen einfacher durchgeführt werden können. Dieser Mindestbetrag wird bei circa 90 Cent pro Quadratmeter liegen. Zum Vergleich: In vielen neueren Häusern lag dieser Betrag bisher bei nur 30 bis 40 Cent, in älteren etwas höher.

Die Hausverwalterbranche finde die Maßnahme angesichts der in vielen Häusern in den kommenden Jahren anstehenden Sanierungen gut, sagt Udo Weinberger, Verwaltersprecher im Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI): "Sonst diskutiert man nicht nur über die Maßnahmen, sondern auch noch über das Geld."

AK-Jurist Rosifka kennt die andere Seite: Viele Wohnungseigentümer würden klagen, dass die Hausverwaltung Geld, das da ist, auch für nicht unbedingt nötige Maßnahmen ausgibt. Daher brauche es im Gesetz eine bessere Kontrollmöglichkeit für die Verwendung des Geldes der Wohnungseigentümer. (Franziska Zoidl, 13.8.2021)