Der ganz große Durchbruch mag Linux am Desktop auch im Jahr 2021 noch nicht gelungen sein, darüber dass es zu wenige Optionen gibt, darf sich aber niemand beschweren. Gerade in den vergangenen Jahren sind einige interessante neue Angebote hinzugekommen, die versuchen, eigene Wege zu beschreiten. Von einer davon gibt es nun eine neue Version.

Auf zum Pantheon

Elementary OS 6 "Odin" verspricht nicht weniger, als das größte Update in der Geschichte der Linux-Distribution zu sein. Tatsächlich ist die Liste an Neuerungen erklecklich. Die auffälligste davon: Es gibt eine neue Version des Pantheon-Desktops, einer Eigenentwicklung von Elementary OS. Diese ist vor allem erheblich flexibler. Ließ sich in früheren Versionen der Look nur sehr beschränkt anpassen, stehen nun zahlreiche Optionen zur Wahl. Das beginnt damit, dass es jetzt helle und dunkle Themes gibt, die nicht nur den Desktop selbst betreffen, sondern auch quer durch die zentralen Programme durchgezogen werden. Der Inkludierte Browser setzt dies sogar bei Webseiten um – so diese das unterstützen.

Elementary OS 6 mit Dark Mode.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Zudem ist es nun möglich, aus zehn unterschiedlichen Akzentfarben für User-Interface-Elemente zu wählen. Alternativ kann die Farbe auch automatisch passend zum aktuellen Bildschirmhintergrund eingestellt werden. Eine Art abgespeckte Version dessen also, woran sich Google mit seinem "Material You" bei Android 12 versucht. Generell kann nun zwischen vier verschiedenen Größen der Inhaltsdarstellung gewählt werden. Dabei werden sowohl Schriften als auch Knöpfe und andere UI-Elemente gemeinsam angepasst.

Touch

Dazu kommen noch zahlreiche neue Multi-Touch-Gesten, etwa um zwischen mehreren Desktops zu wechseln. Die wichtigsten Programme werden weiterhin in einem macOS-art mittig am unteren Bildschirmrand platzieren Panel untergebracht. Neu ist dort die Unterstützung von Benachrichtigungs-Badges, die darüber informieren, wie viele Notifications zu dem jeweiligen Programm gerade offen sind. Auch die zugehörige Benachrichtigungszentrale wurde überarbeitet und fasst nun Notifications einzelner Programme zusammen.

Einen großen Wechsel vollzieht man bei der Programmauslieferung. Zwar wird dafür weiterhin eine eigene Softwarezentrale namens AppCenter verwendet, Elementary OS nutzt jetzt aber Flatpaks statt klassischer Debian-Pakete. Dafür hat man ein eigenes Programmangebot aufgebaut, für alles weitere verweist man auf die distributionsübergreifende Plattform Flathub. EIn Vorteil der Flatpaks ist es, dass sie mit einem Berechtigungssystem einhergehen. Was welches Programm darf, kann über die Systemeinstellungen von Elementary OS angepasst werden. Wer lieber klassische Debian-Pakete nutzen will, der muss hingegen nun auf die Kommandozeile ausweichen.

Software

Apropos Anwendungen. Die Mail-App von Elementary OS wurde für die neue Version neu geschrieben, ein kompletter Neuzugang ist ein Programm zur Aufgabenverwaltung, das sich sinnigerweise Tasks nennt. Wie schon bei vielen anderen Linux-Distributionen ist es nun auch bei Elementary OS möglich, Firmware-Updates für die Hardware des eigenen Rechners via LVFS zu installieren – so der jeweilige Anbieter Linux unterstützt, versteht sich. Die Basis von Elementary OS 6 bildet übrigens Ubuntu 20.04 LTS, der Linux-Kernel ist in der Version 5.11 enthalten.

Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Elementary OS 6 steht auf der Webseite des Projekts zum Download. Die Entwickler hoffen darauf, dass die Nutzer das Herunterladen mit einer Spende verbinden, dazu gibt einen prominent platzierten Kauf-Button auf der Seite. Theoretisch ist es aber möglich, an dieser Stelle jeden beliebigen Wert einzutragen – also auch 0 Euro. Trotzdem könnte man diesen Moment natürlich nutzen, um darüber nachzudenken, ob es nicht angebracht wäre, einmal einem der vielen freien Softwareprojekte, von deren Arbeit die Nutzer profitieren, eine Spende zukommen zu lassen. (Andreas Proschofsky, 13.8.2021)