Très chic! Aber diese Garderobe ist noch nicht die ideale für einen Jagdausflug. Für einen Gesangswettbewerb barocken Zuschnitts aber sehr wohl: "La Corona", inszeniert von Bernd R. Bienert.

Foto: Barbara Pàlffy

Während sich Regisseure heute den Kopf darüber zerbrechen, wie sie Opern noch moderner auf die Bühne bringen können, macht Bernd R. Bienert seit zehn Jahren genau das Gegenteil. Statt die Stücke ins 21. Jahrhundert zu verlegen, schickt er das Publikum des Teatro Barocco auf eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert zurück. Aufgeführt werden vergessene Opernraritäten an außergewöhnlichen Orten wie dem Stift Altenburg, dem Schlosstheater Laxenburg oder dem Metro-Kino Wien.

Im Jubeljahr wird nun die Burg in Perchtoldsdorf bespielt – aus gutem Grund, denn hier hat Christoph Willibald Gluck (1714–1787) ein großzügiges Landhaus besessen. Gluck steht mit Anton Benda im Mittelpunkt der diesjährigen Teatro-Barocco-Entdeckungen von Intendant, Regisseur und Choreograf Bienert. Gluck, der nicht nur Maria Theresias Lieblingskomponist, sondern auch Hofmusiklehrer war, komponierte im Auftrag der Kaiserin das Stück La Corona als Geburtstagsgeschenk für ihren Gatten. Gluck und sein Librettist Pietro Metastasio schrieben die Oper für deren vier Töchter, auf geführt werden sollte das Stück in Schloss Schönbrunn. Allerdings starb der Kaiser kurz vor der geplanten Uraufführung im August 1765, und die Premiere wurde abgesagt. Nun feiert das Werk 2021 seine szenische Welturaufführung.

In den kalydonischen Wäldern wütet ein riesiges Wildschwein, das erlegt werden muss. La Corona, den Siegeskranz, erhält, wer das Tier tötet. Es beginnt ein gesanglicher Wettstreit zwischen den vier Darstellerinnen, wer sich auf die Jagd begibt und die Belohnung für sich beanspruchen darf.

Schnelle Koloraturen

Das Bühnengeschehen wirkt wie aus der Zeit gefallen: Vor kunstvoll bemalten, barockisierenden Kulissen singen die vier Sängerinnen in üppigen Brokatkleidern mit engen Korsagen und weißen Perücken um die Wette. Gluck schrieb neben einigen cantablen, schlichten Arien auch lange, schnelle Koloraturen, die Ayelén Mose, Elena Sverdiolaitė, Indré Pelakauskaité und Rosamond Thomas bravourös bewältigen.

Ein echtes Kuriosum gibt es nach der Pause zu erleben. Philon und Theone heißt das 30-minütige Melodram Georg Anton Bendas, das Bienert in der Nationalbibliothek entdeckte und nun zur Uraufführung bringt. Dabei verliert ein Schiff brüchiger im Sturm seine Geliebte, trauert mit viel Pathos, ehe es ihm gelingt, sie aus der Unterwelt zurückzuholen. Das Stück ist eine Mischung aus Musik, Text, Bewegung und Effekten – neben einer Windmaschine erklingen auch die sphärischen Töne eine Glasharmonika.

Günther Strahlegger als Philon erinnert in seinem prunkvollen Kostüm an einen Sultan, seine (stumme) Theone bekommt man nur als weißgekleideten Geist zu sehen. Zum Schluss kündigt ein großgewachsener männlicher Engel mit Flügerln vom Happy End. Musiziert wird auf historischen Instrumenten, das klingt zwar nicht immer ganz sauber, dafür passt es zum Bienert’schen Gesamtkunstwerk. Am Pult steht originellerweise Christoph Ulrich Meier, seines Zeichens Musikalischer Supervisor der Bayreuther Festspiele. (Miriam Damev, 13.8.2021)