Stefan & Alan Ho haben das Seerestaurant in Allentsteig übernommen – und sind seither ziemlich ausreserviert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Trend ist landesweit: Abseits der Ballungsräume will keiner mehr Wirt sein, angeblich weil die Gäste, so sie in ihren Dick-SUVs überhaupt noch anzurollen geruhen, immer sieriger werden, und weniger noch dazu. Die Pandemie hat den Megatrend nochmals angeheizt. Wirtshaus? Vergiss es. In weiten Landstrichen ist der Tankstellenimbiss zum letzten Zufluchtsort für Hungrige, Durstige und andere Kontaktbedürftige geworden.

Man darf sich also nicht wundern, wenn Immobilienmakler inzwischen bereits eine Autobahnraststätte im näheren Umkreis als Asset anpreisen. Oft muss, wer selbst nicht mehr kochen kann, vom Sozialdienst mit Aufwärmfutter beliefert werden, so er sich nicht unter Protest zu einer der letzten noch betriebenen Tschumsen schleppt, wo es dann oft nur eine Speise gibt.

Mut zur Lücke

Die dafür aber als Spezialität des ganzen Landes gelten darf: Schnitzel, die regionale Köstlichkeit mit dem vorbildlich kurzen Anfahrtsweg vom Tiefkühler in die Fritteuse. Wie sich das alles mit dem ausgeprägten Stolz auf die ortsübliche Küche verbinden lässt, bleibt dahingestellt. Auch die Erinnerung ist ein weites Land, der Mut zur Lücke freilich ist in unseren Breiten nicht nur bei diesem Thema ein verbrieft großer.

Umso mehr darf man sich freuen, wenn im Waldviertel, als einer der von diesem Trend am meisten betroffenen Regionen, tatsächlich ein neues Wirtshaus aufmacht. Stefan Ho (nicht verwandt) ist gebürtiger Allentsteiger und war zuletzt Restaurantleiter im Wiener Nobelthai Patara. Gemeinsam mit seinem aus Taiwan gebürtigen Mann Alan hat er den einstigen Imbiss des Freibads zu einem schmucken Restaurant umgebaut.

Die Lage ist spektakulär, mit großer Terrasse und direktem Zugang zum – trotz herrlich weichen Wassers meist menschenleeren – Seebad. Pommes rot-weiß wird man hier aber ebenso wenig finden wie Fritteusenschnitzel.

Mittwoch ist der bislang einzige Tag, an dem die Hos Schnitzel auf der Karte tolerieren. "Wir lieben es alle, gerade im Waldviertel aber ist das Schnitzel zu einem Garanten für lieblose Küche geworden", sagt Stefan Ho, "deshalb wird es bei uns ausschließlich in der Pfanne gebacken, und nur am Mittwoch."

St. Charles seift ein

Auch die saure Wurst mit rotem Zwiebel und Gurkerl zeigt auf unprätentiöse Art, dass hier auf Produktqualität geschaut wird.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Hora ist auch so gesteckt voll, ohne Reservierung geht am Wochenende gar nichts. An der Aussicht allein liegt’s nicht. Ho, der auch Sommelier ist, hat eine bemerkenswerte Weinkarte zusammengestellt, von Ebner-Ebenauer bis Prieler, von Bründlmayer bis Triebaumer, von Weninger bis zum Tegernseehof.

Nicht nur im Waldviertel überraschend: Auf dem Häusl steht Edelseife von der Saint-Charles-Apotheke bereit, außerdem Handcremes und sogar Haargel. "Ich schließe da von mir auf andere", sagt Ho, "schließlich hab ich auch nicht immer alles dabei und freu mich irrsinnig, wenn ich solche Goodies in guten Restaurants vorfinde."

Unprätentiös und dicht

Und das Essen? Beef Tartare wird gehackt, mit sicherer Hand gewürzt und mit frittierten Kapern garniert. Gebratene Blunze ist wunderbar cremig und doch fleischig, mit gebratenen Äpfeln und knusprigen Erdapfelwürfeln als Begleitung, wirklich gut.

Auch die saure Wurst mit rotem Zwiebel und Gurkerl zeigt auf unprätentiöse Art, dass hier auf Produktqualität geschaut wird. Gefüllte Hühnerbrust mit Kräutertopfen ist außerordentlich saftig gebraten, dazu gibt’s Selleriepüree und ein wunderbar dichtes Selleriesaftl.

Forelle kommt von einer nahen Zucht und wird mit tadellosem Einkornrisotto kombiniert. Hinterher gibt es mächtige Eiscoups, bei denen jener mit Mohn- und Vanilleeis sowie Powidlsauce besonders hervorsticht – für den hat man aber bestenfalls nach dem Schwimmen wieder Platz. (Severin Corti, RONDO, 20.8.2021)

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