Trump-Anhänger am 6. Jänner 2021.

Foto: Screenshot/Youtube/NYT

Schon die ersten 30 Sekunden von Day of Rage, einer beeindruckenden wie beängstigenden US-Doku, machen klar, warum US-Reportern dieses herausragende Beispiel an investigativem Videojournalismus über den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner in Washington, D.C., gelingen konnte. Die Trump-Fans, die da in einem Bus auf die US-Hauptstadt zurollen und dabei gezeigt werden, wie sie den Treueschwur auf die US-Flagge runterbeten, halten alle ihre Mobiltelefone hoch und filmen sich dabei.

Ein Team der New York Times hat in dem halben Jahr, das seit diesem für die US-Demokratie dunklen Jänner-Tag vergangen ist, unzählige Handyfilme, die auf Social Media gepostet wurden, gesichtet und ausgewertet und daraus ein erschreckendes Puzzle darüber zusammengesetzt, was an dem Tag in Washington geschah, an dem Joe Biden offiziell zum Wahlsieger erklärt werden sollte und an dessen Ende fünf Menschen ums Leben gekommen und zahlreiche verletzt worden waren.

The New York Times

Truppen aus der rechtsradikalen US-Szene

Der Film zeigt eine gewaltbereite "Stop the steal"-Horde, die sich einen Weg ins Kapitol gebahnt, was heißt, geprügelt hat – mit angstmachenden Parolen, hassverzerrten Gesichtern und kriegerischen Adjustierungen. Bewaffnet mit Schlagstöcken, Tränengas etc. waren da die Proud Boys und die Oath Keepers unterwegs, Truppen aus der rechtsradikalen US-Szene. Das New York Times-Team schafft es in vierzig schauerlichen Minuten, ein minutiöses Bild dieser Eroberung nachzuzeichnen – inklusive Zeit- und Lageplan, polizeilicher Fehleinschätzungen und trauriger Opferbilanz.

Ein U-Ausschuss soll jetzt endlich Klar- und Wahrheit schaffen, Day of Rage hätte dazu schon seinen Beitrag geleistet. (Mia Eidlhuber, 17.8.2021)