Ich möchte mich sehr klar und deutlich äußern: Welche Daten öffentlich verfügbar sind – und in welcher Form – ist eine Zumutung für Bürger, die den Entscheidungsprozess der Politik verstehen und nachvollziehen wollen.

Auf der inhaltlichen Ebene: dass die Spitalsdaten nach wie vor nicht gegliedert nach Impfstatus vorliegen bedeutet, dass wir die Wirksamkeit der Impfung in Hinblick auf schwerere Erkrankungen nicht einschätzen können.

Ich möchte nicht darauf angewiesen sein, dass irgendeine Institution da irgendwann einmal auf die Idee kommt, das entsprechend auszuwerten. Ich möchte diese Daten täglich, damit ich sie selbst auswerten kann. Eine Auskunft, die ich erhalten habe, ist, dass die Spitalsmeldungen aus den Bundesländern kommen und die das eben nicht so gegliedert melden. Das halte ich für eine Zumutung. Man müsste halt die Daten aus dem e-Impfpass mit den Spitalsdaten verknüpfen.

Datenschutz als Ausrede taugt nicht, niemandes persönliche Interessen werden verletzt, wenn man erfahren kann, wie viele Covid-Spitalspatienten geimpft sind und wie viele nicht. Ein wichtige Information in diesem Zusammenhang wäre auch, wie weit die Impfung zurückliegt.

Ziel ist die Klärung der Frage: Wie lange nach der Impfung kommt es wie oft zu schweren Covid-Verläufen. Das können wir nämlich derzeit mit veröffentlichten Daten nicht herausfinden.

Spitalsdaten sind essentiell, um Impfwirksamkeit und vieles mehr feststellen zu können.
Foto: AP/Omar Marques

Bessere Datenlage, bessere Entscheidungen

Ich höre aus Regierungsinstitutionen, dass es da legistische Probleme gäbe. Laut Juristen gibt es aber in Epidemiesituationen sogar Ausnahmeregelungen zum Datenschutz (Epidemiegesetz §4 und §5). Demnach ist für die Auswertungen, die wir brauchen, keine Sonderregelung notwendig.

Ich habe den Eindruck, dass auf Bundes- und Länderebene immer noch Unverständnis darüber herrscht, dass eine bessere Datenlage eine notwendige Voraussetzung für bessere und rational begründbare Entscheidungen und Maßnahmen ist.

Es stellt sich auch die Frage, ob es eine Entscheidung der Bundesländer sein soll, welche Daten geliefert werden. Manche Bundesländer veröffentlichen die Fallzahlen aller Gemeinden, andere nicht, oder ob solche Daten zentral und einheitlich zur Verfügung gestellt werden sollten.

Kein Herzensanliegen

Auf technischer Ebene: Am 12. August wurden ohne Vorwarnung Daten wieder in anderer Form als bisher zum Download zur Verfügung gestellt. Das hat die Arbeit vieler Auswerter ziemlich durcheinandergebracht und erschwert.

Natürlich sind daran nicht unmittelbar Politiker und Politikmanager schuld. Das Problem zeigt aber einen Kompetenzmangel bei den Leuten, die diese Daten aufbereiten. Und dass an dieser Schnittstelle Leute sitzen, die nicht verstehen, was sie da anrichten, ist ein Managementfehler. Gute Manager müssen wissen, welche Kompetenzen wo erforderlich sind und dafür sorgen, dass die Zuständigen diese Kompetenzen in ausreichendem Maße haben.

Ich habe generell den Eindruck, dass saubere und möglichst umfangreiche Datenaufbereitung und Datenauswertung den politisch Verantwortlichen kein Herzensanliegen ist. Sie vergeben dadurch aber die Chance, durch Mitarbeit kompetenter Freiwilliger wichtige Grundlagen für ihre Entscheidungen kostenfrei zugeliefert zu bekommen.

Ich beende hiermit meine Streitschrift, möchte aber noch hinzufügen, dass es eine gewisse Mühe gekostet hat, sie frei von Invektiven und Verbalinjurien niederzuschreiben.

Postskriptum

Ziemlich zu Beginn der Pandemie hat der Sonderbeauftragte für Gesundheit im Gesundheitsministerium sinngemäß erklärt, dass Wissenschafter erweiterte Datenbestände erst nach Ende der Pandemie bekommen würden, weil sie während der Pandemie sowieso nichts Nützliches beitragen könnten. Laut Webseite des Ministeriums hat diese Person noch immer diese Funktion. Von seiner Aussage über die Nutzlosigkeit wissenschaftlicher Auswertungen hat sich bisher kein Gesundheitsminister distanziert. Ich betrachte das bis heute als Affront. (Erich Neuwirth, 18.8.2021)