Der Ökonom John Maynard Keynes spricht im Juli 1944 bei der Konferenz in Bretton Woods, New Hampshire.

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Unter dem Titel "The Challenge of Peace", also die Herausforderungen des Friedens, wendet sich US-Präsident Richard Nixon in einer Fernsehansprache am 15. August 1971 an die Amerikaner. Es ist der erste Teil seiner Rede, der die Menschen in den USA vor ihren Fernsehgeräten am meisten interessiert. Die Inflation im Land liegt bei fünf Prozent, die Arbeitslosenrate ist zuletzt gestiegen. Nixon kündigt deshalb Gegenmaßnahmen an. 90 Tage will er alle Preise und Löhne im Land einfrieren. Unternehmen, die investieren, sollen Steuererleichterungen erhalten.

Es ist aber der zweite Teil der Rede, der international Schockwellen aussenden wird. Nixon beendete mit dieser Ansprache vor fast genau 50 Jahren das Bretton-Woods-System, das 1944 gezimmert worden war und die Geldordnung in der kapitalistischen Welthälfte bis dahin bestimmte.

Das System beruhte auf zwei Pfeilern: Die US-Notenbank Fed war gegenüber den anderen Teilnehmerstaaten der Bretton-Woods-Vereinbarung verpflichtet, jederzeit Dollar zu einem fixen Preis gegen Gold einzutauschen. Eine Feinunze Gold kostete 35 Dollar. Die übrigen Notenbanken versprachen, ihre Währungen stabil zum Dollar zu halten. Damit war eine Welt fixer Wechselkurse zwischen den wichtigsten kapitalistischen Volkswirtschaften wie den USA, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, aber auch Deutschland und Österreich etabliert.

Nixon zog an jenem August die Zusage zurück, Dollar gegen Gold zu tauschen, und brachte damit das System zum Kollabieren. Damit verschwand sukzessive in den 1970ern auch noch der letzte Rest eines goldunterlegten Währungssystems.

Seither feiert das Fiatgeld einen Siegeszug. Fiat leitet sich von dem lateinischen Verb fieri ab, das "werden" oder "entstehen" bedeutet. Gemeint ist mit dem Begriff, dass das Geld mit keinem Rohstoff wie Gold oder Silber unterlegt ist, also keinen eigenen Wert hat außer jenem, dass andere Menschen und Institutionen das Geld akzeptieren. Ob Dollar, Euro, Pfund oder Yen: Das alles sind heute Fiat-Währungen.

Die Furcht kehrt zurück

Das 50-Jahr-Jubiläum des Kollapses des Bretton-Woods-Systems wird diesmal von auffällig vielen Beiträgen in internationalen Medien begleitet. Das mag auch daran liegen, dass die Urangst mancher vor Fiatgeld wieder erwacht ist: die Furcht vor der Inflation.

In vielen Ländern hat die Inflation zuletzt stark angezogen. Viele Kritiker sehen die Ursache dafür im Fiatgeld, bei dem es keine natürliche Grenze fürs Gelddrucken gibt. Bei einer Goldanbindung, dem Gold-Standard, ist das anders: Hier garantieren Notenbanken den Umtausch der Währung in Gold zu einem Fixpreis. Die Reservewährung ist das Gold, damit werden ausländische Rechnungen bezahlt. Das funktioniert aber natürlich nur, wenn die Geldmenge nicht beliebig ausgeweitet wird. Die Goldreserven grenzen die Geldmenge ein.

Das 1944 geschaffene Bretton-Woods-System, das in den 1950er-Jahren vollendet war, versuchte Elemente des Gold-Standards aufzunehmen, erweiterte diesen jedoch: Die Reservewährung der Notenbanken war nicht Gold, sondern der Dollar. Mit ihm wurden alle internationalen Transaktionen durchgeführt. Alle sollten vom neuen System profitieren. Die US-Regierung gab viel Geld für den Wiederaufbau in Europa aus. Die übrigen Staaten kamen so an Dollar heran, um ihre internationalen Geschäfte tätigen zu können.

Die US-Notenbank konnte die Dollarmengen ausweiten und Geld drucken, erklärt der Ökonom Vladimir Gligorov, das System war nicht komplett rigide. Der Fixpreis Dollar-Gold sollte dem Grenzen setzen, und diesen waren auch andere Staaten durch die Anbindung mit den Wechselkursen unterworfen.

Die fixen Wechselkurse sollten Handelskriege wie in der Zwischenkriegszeit verhindern, als Ländern mit Währungsabwertungen versuchten, auf Kosten anderer Staaten ihre Wirtschaft zu stärken.

Ein typisches Problem des Gold-Standards ist, dass Länder, etwa wenn sie viel exportieren, dazu neigen, Goldreserven anzuhäufen, und andere, die zu viel importieren, ihre Reserven verlieren. Um solche Probleme sollte sich der neu geschaffene Internationale Währungsfonds kümmern: Er sollte im Notfall Ländern, die ihre Reserven verlieren, Kredite gewähren, damit sie Reformen durchführen, um wettbewerbsfähiger zu werden.

Doch bald begannen die Probleme. Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg war erfolgreich. Die Exportindustrien in Europa und Japan erstarkten, die USA wurden zu Nettoimporteuren von Autos, Kühlschränken und Radios. Damit flossen die Dollar aus den USA ab.

Kurze Lebensdauer

Bald überstiegen die Dollarreserven ausländischer Notenbanken die Goldreserven der Fed. Das Versprechen, Gold gegen Dollar zu tauschen, war obsolet.

In der Folge hätten die USA die Zinsen anheben müssen, um eine Deflation herbeizuführen, damit US-Waren im Vergleich zur Konkurrenz billiger werden. Doch das kostet Jobs.

Um diesen Einschnitt zu verhindern und weil Frankreich Anstalten machte, seine Dollar in Gold zu tauschen, zog Nixon die Reißleine.

Seitdem dominiert nicht nur das Fiatgeld die Welt, die wichtigsten Wechselkurse schwanken frei.

Weitgehende Einigkeit herrscht heute unter Ökonomen, dass ein Gold-Standard den Erfordernissen einer modernen Wirtschaft nicht genügt. Den Wert einer Währung an die schwankende Verfügbarkeit eines Rohstoffs zu binden macht keinen Sinn.

Die Ökonomen Anthony Diercks, Jonathan Rawls und Eric Sims haben aktuell eine Studie dazu erstellt, was seit dem Jahr 2000 geschehen wäre, wenn die USA den Gold-Standard behalten hätten. Die Wirtschaftsleistung des Landes wäre demnach um zehn Prozent niedriger als heute. Das liegt daran, dass die Fed in der Finanzkrise 2008 die Geldmenge nicht hätte ausweiten können, um die Wirtschaft zu stützen, so die Autoren. (András Szigetvari, 17.8.2021)