Afghanische Frauen, die sich hier noch Anfang August in Kabul gegen Menschenrechtsverletzungen durch die Taliban versammelten.

Foto: SAJJAD HUSSAIN / AFP

In den vergangenen Jahren hatten rechtspopulistische wie auch konservative Parteien in Europa und in der Schweiz vorwiegend dann Frauenrechte auf dem Radar, wenn sie diese durch islamistischen Fundamentalismus bedroht sahen. Mit düsteren Bildern von verschleierten Frauen ohne jegliche Rechte und als Opfer sexualisierter Übergriffe, sobald sie auch nur ein Haupthaar oder einen Zentimeter ihrer Knöchel zeigen.

Jetzt, wo dieses Szenario eine reale Gefahr ist, hört man allerdings kaum "Schützt die Frauen"-Rufe aus aus jenen Ländern, wo seit Jahren auf dieser Angstklaviatur gespielt wird. Keine Meldungen, Frauenrechtsaktivistinnen als politische Flüchtlinge Asyl zu gewähren und jene aus dem Land zu holen, die sich durch ihre politische Arbeit derzeit in höchste Gefahr bringen – zumindest jene Frauen, die bereit wären, zu gehen. Denn der Einsatz geht trotz des extrem bedrohlichen Szenarios für viele Frauen dennoch weiter:

Was aber Hilfe für die anbelangt, die wegwollen, wegmüssen: Da ist kaum etwas zu hören. Warum? Weil es – um im Vokabular ebendieser Parteien zu bleiben – nicht "unsere Frauen" sind. Weil es weit weg ist. Das ist zwar keine Überraschung. Doch wir sollten uns dann daran erinnern, wenn Parteien rechts der Mitte, christlich-demokratische und bürgerliche Parteien Europas, künftig wieder mal die Wahrung der Frauenrechte hochhalten, während sie jetzt keinen Anstalten machen, jene zu retten, die in Afghanistan in den vergangenen 20 Jahren mühsam Frauenrechte erkämpft haben.

Dass Frauenrechte und jene, die für sie eintreten, jetzt besonders bedroht sind, das wissen alle ganz genau. Die 29-jährige Frauenrechtsaktivistin Freshta Kohistani wurde schon 2020 ermordet, als es noch Gespräche zwischen der afghanischen Regierung und den radikalislamischen Taliban gab. Schon damals nahmen die brutalen Angriffe auf Frauen und Mädchen zu.

Kaum jemand wird den Taliban-Führern also glauben, dass Frauen unter ihrer Führung arbeiten und Ausbildungen absolvieren dürfen, wie die Taliban behaupten. Auch ihre Aussagen, dass Frauen die gleichen Rechte gemäß der Scharia hätten, vermag wohl kaum zu beruhigen.

Nun richten sich afghanische Frauen teilweise direkt an die Weltöffentlichkeit – und dass sie eigentlich nur mehr warten könnten:

Das Leben von Frauen im "Islamischen Emirat Afghanistan" von 1997 bis 2001 war ein Leben in ständiger Angst. Wer sich aus dem engen Korsett von Vorschriften auch nur zentimeterweit entfernte, dem drohten Auspeitschungen, Folter und Hinrichtungen. Frauenrechtsaktivistinnen haben in den vergangen Jahren Unfassbares geleistet, um Frauen eine bessere Zukunft zu verschaffen.

Und was bekommen sie dafür? Die Taliban, die große Teile ihrer Arbeit plattwalzen werden. Und von Staaten, die die voranschreitende Gleichberechtigung von Männern und Frauen im eigenen Land so gern als Gradmesser für ihren Fortschritt vor sich hertragen? Nichts, wie es scheint. Und hierzu bleibt es nicht nur vonseiten der bereits erwähnten politischen Parteien viel zu ruhig. Auch der Parteiobmann der Grünen und Vizekanzler Werner Kogler weicht im ORF-"Sommergespräch" der Frage mehrmals aus, ob es nicht höchste Zeit wäre, Frauen, Kindern und Frauenrechtlerinnen Sicherheit in Österreich zu bieten. Dabei müsste es für eine der wenigen Parteien, die sich explizit feministisch nennen, das Mindeste sein, für die nun besonders bedrohten Frauen schnellst möglichst ins Tun zu kommen. (Beate Hausbichler, 18.8.2021)