"Die Kinder im Publikum staunen nicht schlecht."

Foto: SF/Erika Mayer

Eigentlich will Herr Alfred nur seine Ruhe haben. Der Hausmeister des Opernhauses freut sich auf seine Nachtschicht: Endlich kann er seinen Marmorkuchen essen und ein Glas Milch trinken. Marmorkuchen und Milch mag er nämlich am liebsten. Doch plötzlich hört er ein leises Schluchzen. Woher es wohl kommen mag? "Des gibt’s jo net", ärgert sich Herr Alfred und wagt einen Blick in die Requisitenkammer – schwups, steht ein weinender Stern vor ihm.

Er hat die Generalprobe verpatzt, weil ihm vor lauter Lampenfieber die Leuchtkraft ausgegangen ist. Ehe es sich Herr Alfred versieht, crashen auch die restlichen Requisiten seine Schicht. Die Kinder im Publikum staunen nicht schlecht, als nach und nach ein schießwütiger Revolver, ein eitler Blumenstrauß, fiese Perücken, gefräßige Tutus, ein stolzer Thron und seine Angebetete, Madame Kandelaber, die Bühne bevölkern.

Vom Stern, der nicht leuchten konnte heißt die neue Kinderoper, die noch bis 29. August bei den Salzburger Festspielen zu sehen ist. Das Auftragswerk von Elisabeth Naske (Musik) und Ela Baumann (Text und Regie) hätte eigentlich schon vergangenen Sommer hier gespielt werden sollen. Pandemiebedingt musste die Uraufführung jedoch auf dieses Jahr verschoben werden. Es ist nach Lollo und Was ist los bei den Enakos? die dritte musikalisch-textliche Zusammenarbeit zwischen Naske und Baumann.

Spiel mit der Angst

Mit wenigen technischen Mitteln – gespielt wurde in der Aula der Universität –, dafür aber mit umso üppigerer Ausstattung erzählen sie die Geschichte vom spannenden Theateralltag hinter den Kulissen; von Versagensangst und Selbstsicherheit, von Eitelkeit und Selbstsucht, von Freundschaft und Zusammenhalt.

Gesungen wird von den stimmlich brillanten Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Young Singers Project, allen voran Miriam Kutrowatz, die mit glasklarem Sopran dem schüchternen Stern ihre Stimme gibt. An ihrer Seite Branko Samarovski als grantiger, aber liebevoller Hausmeister.

Nikolai Zemlyanskikh lässt es ordentlich knallen. Mit entsprechender Untermalung im Orchester rollt er seinen Trrrrrommelrrrevolver und schießt wild um sich. Blöd nur, dass er ausgerechnet den eitlen Blumenstrauß erwischt, den Liubov Medvedeva im zauberhaften Kostüm von Florian Angerer und begleitet vom zärtlichen Spiel der Flöten zum Klingen bringt.

Countertenor Tobias Hechler und Tenor Sebastian Mach hat Angerer eine flauschige Ganzkörperhaarpracht verpasst, Gabriel Rollinsons Bassbariton verleiht dem Thron die richtige Tiefe, während Freya Apffelstaedts eine stimmlich ebenso wie darstellerisch erhabene Madame Kandelaber gibt. Bezaubernd auch die fluffige Schar des Kinderchors. "Alles Gfraster", grummelt Herr Alfred wenig einnehmend.

Mit Kontrafagott und Peitsche

Musikalisch arbeitet Naske mit allerlei Anspielungen: ein bisschen Barock hier, ein bisschen Swing da. Dazwischen enthält die bunte Partitur viel Witz und Charme (Dirigent: Patrick Hahn) und lässt allerlei lautmalerisches Instrumentarium wie Kontrafagott, Peitsche und Vibraslap aufspielen. Umso bedauerlicher, dass man den gesungenen Text bis zum Schluss kaum versteht. Ein Textbuch wäre hier ein nettes Goodie gewesen – vor allem für das Kinderpublikum. (Miriam Damev, 18.8.2021)