Das Blaukehlchen hat beachtliche Talente. Es kann Rufe anderer Vögel nachahmen.

Foto: Otto Samwald

In Österreich gibt es zwei Unterarten des Blaukehlchens, nämlich das Rotsternige (Luscinia svecica svecica), das in Nordeuropa und bei uns nur vereinzelt in den Alpen lebt, und das Weißsternige (Luscinia svecica cyanecula), das die Niederungen des übrigen Europas – darunter auch Österreichs – besiedelt. Bei beiden weisen die Männchen im Brutkleid eine leuchtend blaue Kehle auf, in deren Mitte bei den einen ein weißer, bei den anderen ein roter Fleck prangt.

Bemerkenswert ist neben ihrem Aussehen auch der Gesang der Rotsternigen Blaukehlchen, denn sie ahmen dabei nicht nur die Rufe zahlreicher anderer Vögel nach, sondern auch Grillen, Kuhglocken oder knarrende Türen, wenn sie öfter mit diesen Geräuschen konfrontiert sind.

Als Nahrung dienen den Blaukehlchen vor allem Insekten; im Herbst fressen sie jedoch auch oft Beeren, mit denen sie sich die nötigen Energievorräte für den Flug in ihre Überwinterungsgebiete zulegen. Bis 1975 hielt man das Rotsternige Blaukehlchen in Österreich lediglich für einen Durchzügler. Im gleichen Jahr aber stellte sich aber heraus, dass es auf dem Hundsfeldmoor bei der Salzburger Gemeinde Obertauern sehr wohl brütete.

Brutgebiet aussparen

Ornithologen und Artenschützer waren begeistert, der Fremdenverkehr weniger, war doch nicht nur eine Straße durch das Hundsfeld geplant, sondern auch andere Bauten zur Förderung des Tourismus. Es dauerte bis 1991, bis das Gebiet unter Naturschutz gestellt wurde.

Auch im Stubachtaler Ödenwinkel bei Uttendorf sorgte das Rotsternige Blaukehlchen vor einigen Jahren für Konflikte: Der dort geplante Doppelsessellift musste viermal umgeplant und schließlich um 800 Meter verkürzt werden, um das Brutgebiet der seltenen Vögel auszusparen.

Die Art hat im gesamten Alpenraum seit 2010 einen Rückgang um rund die Hälfte hinnehmen müssen und gilt in Österreich als vom Aussterben bedroht. "In den 1980er-Jahren gab es noch circa 20 Brutpaare in Obertauern", erklärt Hemma Gressel von Birdlife Salzburg. "Jetzt sind wir froh, wenn wir noch irgendwo eines sehen, und es kann bald mit ihnen vorbei sein."

Dichte Vegetation als Nistplatz

Um das Weißsternige Blaukehlchen gibt es zwar weniger Streit, weil die Niederungen generell mehr Platz für alles haben als die Alpentäler, aber auch seine Lebenssituation ist hierzulande angespannt: Wie die rotsternige Variante braucht es ein Nebeneinander von dichter Vegetation als Nistplatz, einzelnen Büschen als Singwarten und vegetationsfreien Flächen für die Nahrungssuche.

Solche Bedingungen finden sich am ehesten in Mooren, an Altarmen von Flüssen und in Verlandungszonen stehender Gewässer – alles Lebensräume, die in den letzten Jahrzehnten reduziert wurden: entweder direkt durch Trockenlegung oder indirekt durch mangelnde Nutzung und folgende Verbuschung bzw. Verwaldung.

Zwar nutzt die Unterart seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend menschengeschaffene Habitate wie Fischteiche oder Entwässerungsgräben, wesentliche Brutpopulationen gibt es aber nur noch am Neusiedler See bzw. im Seewinkel, an der Donau zwischen Eferding und Tulln und am Unteren Inn. Im Zuge einer bundesweiten Datenauswertung 2018 konnten in ganz Österreich nur noch 130 bis 200 Brutpaare festgestellt werden – zur Jahrtausendwende waren es noch 250 bis 350.

Durch ein derzeit laufendes Projekt in den Donauauen bei Enns soll mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Blühendes Österreich über EU-Leader-Mittel ein ehemaliges Brutgebiet des Weißsternigen Blaukehlchens wiederhergestellt werden: Dabei werden auf einer Fläche, die in den letzten 20 Jahren zugewachsen ist, fünf kleine Teiche ausgehoben, an deren Ufern in Zukunft Schilf wachsen soll.

Kleinräumiges Mosaik

So soll ein kleinräumiges Mosaik von offenen und bewachsenen Flächen entstehen, wie es für den bevorzugten Lebensraum der Art charakteristisch ist. Das wissenschaftliche Monitoring des Projekts erfolgt durch Birdlife Österreich, wobei der neu geschaffene Lebensraum natürlich auch anderen Arten zugutekommen soll: "Mit dem Aushubmaterial der Teiche wird ein Hügel angelegt, in dem Uferschwalben oder Bienenfresser brüten können", erklärt Hans Uhl von Birdlife Österreich.

"Und mit etwas Glück wird hiermit auch ein Rastplatz für die vom Aussterben bedrohte Bekassine geschaffen." Außerdem profitieren von den Teichen auch die allseits unter Druck stehenden Amphibien wie Wechselkröte oder Alpen-Kammmolch.

Erhaltungsmaßnahmen werden auch am Hundsfeld in Obertauern gesetzt: So wurden 2018 zur Empörung einzelner Gemeindemitglieder einige große Fichten geschlägert. "Die Fichten saugen sehr viel Wasser aus dem Boden und reduzieren dadurch die Lebensgrundlage für die Moose und vor allem für das Torfmoos", erklärt Hemma Gressel.

"Wenn man über Jahrzehnte nichts unternimmt, verbuscht und verwaldet das Gebiet, und vom Moor ist irgendwann nichts mehr übrig." Weitere Maßnahmen sind geplant, damit das Blaukehlchen weiterhin einen Lebensraum findet. (Susanne Strnadl, 20.8.2021)