Die Jagd nach Kritikern findet nicht mehr nur auf den Straßen statt.

Foto: AFP, KIM JAE-HWAN

Die radikalislamischen Taliban könnten nach der Übernahme der Macht in Afghanistan Menschenrechtsgruppen zufolge biometrische Daten nutzen, um sich gezielt auf die Suche nach Kritikern zu machen. Es sei wahrscheinlich, dass sich die Taliban Zugang zu biometrischen Datensätzen verschafft hätten, erklärte die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights First.

Digitale Erkennung

Diese könnten Merkmale einzelner Personen wie Fingerabdrücke, Irisscans des Auges oder Daten zur digitalen Erkennung von Gesichtern umfassen, erläuterte die Organisation. Die Behörden in Afghanistan hatten in den vergangenen Jahren solche Daten etwa für Personalausweise oder die Registrierung zu Wahlen gesammelt – nun könnten sie von den neuen Machthabern eingesetzt werden. Für Menschen, die Repressalien fürchteten, werde es so wohl viel schwerer, sich zu verstecken und die persönliche Identität und die von Angehörigen zu verschleiern, sagte Welton Chang, Technologieexpertin bei Human Rights First.

Die Organisation hat bereits einen Leitfaden auf Farsi veröffentlicht, der dabei helfen soll, die digitalen Spuren einzelner Menschen zu verwischen. Zudem wurden Ratschläge zur Umgehung der digitalen Gesichtserkennung verbreitet.

Den Leitfaden hatte Human Rights First vergangenes Jahr für politische Aktivisten in Hongkong entwickelt, die die chinesischen Behörden fürchteten. Nun soll er auch Afghanen helfen. Denn es sei möglich, dass die Taliban die Datensätze nutzen, um Menschen zu finden, die für die frühere Regierung oder Menschenrechtsgruppen gearbeitet haben. Auch Telefongesellschaften verfügten über Daten, die für ihre Nutzer gefährlich werden könnten, sagte Raman Jit Singh Chima von der Organisation Access Now, die sich für digitale Bürgerrechte einsetzt. In Afghanistan sei nicht genug getan worden, um einem Missbrauch der Daten vorzubeugen.

Spuren verwischen

Die Afghanen müssen nun mit den Konsequenzen leben. Viele Menschen in dem Land versuchen nun, ihre digitalen Spuren zu verwischen. Sie löschten etwa verzweifelt auf ihren Smartphones Chatverläufe, Bilder oder Songs, die ihnen gefährlich werden könnten. (APA, 18.8.2021)