Die Polizei setzt regelmäßig auf Gesichtserkennung.

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Rund 1.600-mal, um etwa 2.200 Personen zu identifizieren – so lautet die Bilanz zum Einsatz von Gesichtserkennungssoftware, die die Polizei seit 2019 verwendet. Wie das Innenministerium nun nach einer Anfrage der SPÖ-Abgeordneten Katharina Kucharowits offenlegt, geschah das in den allermeisten Fällen aufgrund des Verdachts auf Diebstahl. 470 Delikte dieser Art habe es gegeben. Am zweitmeisten, nämlich bei 251 Delikten, wurden Personen ausgeforscht, die einen Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen begangen haben sollen.

Seltener wurde wegen schweren Diebstahls – also der Entwendung von Gegenständen mit einem Sachwert von über 5.000 Euro – geforscht, nämlich bei 33 Delikten. Oft zum Einsatz kam die Software auch bei Betrug (109 Delikte), Diebstahl von Bankomat- oder Kreditkarte (100), der "Vorbereitung von Suchtgifthandel" (86 Delikte) und Körperverletzung (77 Delikte). Schwerere Straftaten wurden hingegen seltener mithilfe der Software geahndet: In 16 Delikten ging es darum, einen Mord aufzuklären, einmal wurde jemand im Rahmen einer erpresserischen Entführung identifiziert. Einige Dutzend Mal wurden Delikte in Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch verfolgt.

Keine Infos zu Demos

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wollte in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage nicht erläutern, ob Gesichtserkennungssoftware auch bei Demonstrationen und Kundgebungen, die seit dem September 2020 stattgefunden haben, zum Einsatz gekommen ist. Stattdessen betont er, dass es jedenfalls zu keiner Erkennung in Echtzeit komme. Im vergangenen Jahr war die Software bei Ausschreitungen in Favoriten, als türkische Rechtsextreme aus dem Umfeld der nationalistischen Grauen Wölfe eine Demonstration von kurdischen und linken Aktivisten angegriffen hatten, eingesetzt worden.

Konkret gleicht die eingesetzte Software des Dresdner Unternehmens Cognitec Systems Bilder von Überwachungskameras, auf die Behörden zugreifen können, nachträglich mit einer internen Referenzdatenbank der Polizei ab. Somit werden Fotos eingesetzt, auf denen polizeibekannte Personen zu sehen sind. Ein Abgleich mit Social-Media-Plattformen erfolge jedenfalls nicht.

Rechtsrahmen fragwürdig

Kritiker haben in der Vergangenheit moniert, dass der Rechtsrahmen für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware fragwürdig sei. Die Polizei stützt sich bei der Verwendung auf das Sicherheitspolizeigesetz, da dieses die Formulierung enthält, dass "technische Hilfsmittel" bei der Kriminalitätsbekämpfung erlaubt sind. "Diese ausufernde Nutzung von Gesichsterkennungssoftware entbehrt jeglicher Rechtsgrundlage und ist nicht zu rechtfertigen", kritisiert Kucharowits. "Selbst wenn der Innenminister dies ursprünglich nur bei schweren Straftaten anwenden wollte, zeigt die Anfragebeantwortung, dass sie vor allem bei weniger schweren Delikten weitreichend verwendet wird", sagt sie dem STANDARD. Ursprünglich war der Einsatz mit der Bekämpfung schwerer Verbrechen begründet worden. (muz, 18.8.2021)