Hannes Amesbauer reicht es endgültig. Der FPÖ-Sicherheitssprecher urgiert, dass der ständige Unterausschuss für Inneres im Nationalrat "sofort" zusammentreten müsse. Dort werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit Themen besprochen, die auch den Verfassungsschutz betreffen. Amesbauer will Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mit den Recherchen von STANDARD und "Presse" konfrontieren, wonach der Wiener Attentäter über seinen vorbestraften Jugendfreund, den IS-Anhänger Ishaq S., an die Tatwaffe gelangt sein dürfte, mit der er am 2. November vergangenen Jahres vier Menschen erschoss.

Die FPÖ ist empört darüber, dass diese bisher geheimen Informationen erst über Umwege bekannt wurden. Erschwerend komme hinzu, dass nicht einmal die Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes, die die Untersuchungskommission zum Terroranschlag leitete, Unterlagen bekam, in denen Ishaq S. eine Rolle spielte. Das sagte sie unlängst gegenüber dem STANDARD. Die Juristin ziehe "nun berechtigterweise die vorgelegten Informationen in Zweifel", sagt Amesbauer und befürchtet: "Möglicherweise wurden der Kommission wichtige Informationen vorenthalten."

"Das ist ein Skandal der Sonderklasse, wie Innenminister Nehammer hier seit Monaten agiert", poltert FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer.
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"Es ist erschütternd genug, dass der versuchte Waffenkauf des islamistischen Attentäters in der Slowakei im Vorfeld des Anschlages nicht die notwendigen Konsequenzen hatte", kritisiert Amesbauer. "Wie nun bekannt wurde, ging den Ermittlern aber auch die letztlich erfolgreiche Beschaffung der Waffe bei einem ebenfalls verurteilten Jihadisten, der offenbar zum engeren Umkreis des späteren Attentäters gehörte, durch die Lappen."

Zu "schlechter Letzt", wie Amesbauer es nennt, "wurden monatelange Treffen von IS-Anhängern nicht bemerkt oder – was noch schlimmer wäre – der Zugriff so lange hinausgezögert, bis es zu spät war."

Damit repliziert der FPÖ-Abgeordnete auf die erste fertige Anklage gegen einen mutmaßlichen Jihadisten nach dem Terroranschlag, über die DER STANDARD berichtete. Daraus geht hervor, dass der 25-jährige Tschetschene Ali K. an Treffen mehrerer IS-Anhänger teilgenommen haben soll. Der Attentäter K. F. sei dort zumindest zweimal anwesend gewesen. In einer Wohnung in St. Pölten, die ab Juli 2020 für die Treffen genutzt worden sein soll, stießen die Ermittler auf eine "umfangreiche Bibliothek", die eine "staats- und demokratiefeindliche Gesinnung" widerspiegle. Ali K. wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Viertel für eine Sitzung

Einmal mehr legt die FPÖ Nehammer den Rücktritt nahe. Da das bei den Blauen aber selbst niemand für realistisch hält, solle der türkise Abgeordnete Karl Mahrer als Vorsitzender umgehend einen Termin für den ständigen Unterausschuss für Inneres festlegen. Denn es sei "untragbar", dass sich Nehammer dazu ausschweige, während er im Amt bleibe, als ob nichts geschehen wäre, poltert Amesbauer.

Bisher stellte sich Mahrer, der für den STANDARD nicht erreichbar war, bei Kritik rund um den Terroranschlag immer vor seinen Innenminister. Aber in diesem Fall ist die Stimme der ÖVP nicht relevant. Denn ein Viertel der 13 Mitglieder im Ausschuss kann einen Sitzungstermin verlangen. Innerhalb einer Frist von 14 Tagen muss Mahrer nach Begehren den Ausschuss einberufen, sagt der Parlamentarismusexperte und ehemalige ÖVP-Klubdirektor Werner Zögernitz.

Die FPÖ, die im Ausschuss zwei Mitglieder stellt, braucht also zwei weitere, um ihr Ansinnen umzusetzen. Die drei Sozialdemokraten im Ausschuss signalisieren bereits die nötige Unterstützung. Zwar seien die Freiheitlichen noch nicht an ihn herangetreten, sagt SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner, "aber wir halten es für wichtig, in dieser Frage die Hintergründe zu erörtern". Auch die Neos, mit einem Mitglied vertreten, können sich das vorstellen. (Vanessa Gaigg, Jan Michael Marchart, Gabriele Scherndl, Fabian Schmid, 20.8.2021)