Gewächshaus-Tausendfüßer breiten sich in Feldkirch rasant aus.

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Im Feldkircher Ortsteil Tisis haben es Herpetophobiker, also Menschen, denen vor Krabbelgetier graust, nicht leicht. Denn nach den anhaltenden Regenfällen kamen Millionen von Tausendfüßern aus ihren Verstecken im Erdreich gekrochen und bevölkern nun Fassaden und Hauseingänge.

Die Tiere der Gattung Oxidus gracilis, deutsch: gemeine Gewächshaus-Tausendfüßer, stammen ursprünglich aus Asien und wurden wohl durch den Transport von Erdreich eingeschleppt. Im Juli 2016 wurden die Ersten dieser Tiere in Dornbirn entdeckt, was damals noch für Schlagzeilen sorgte. Denn eigentlich kamen die Tiere in Mitteleuropa, wie ihr Name schon sagt, bis dahin nur in Gewächshäusern vor, nicht aber in freier Wildbahn, wo es eigentlich zu kalt für sie ist. Man vermutet, dass sie in Komposthaufen die Winter überstehen.

Gewächshaus-Tausendfüßer werden bis zu drei Zentimeter groß. Farblich sind sie entweder hell- oder dunkelbraun. Weibliche und männliche Tiere lassen sich anhand der Anzahl ihrer Beinpaare unterscheiden: Frau Oxidus gracilis hat 31, ihr männliches Pendant nur 30. Der Name ist übrigens irreführend: Weltweit besitzt keine der rund 80.000 Tausendfüßer-Arten tatsächlich tausend Füße. Und weil der Oxidus gracilis zeitlebens im erdigen Untergrund krabbelt, hat er keine Augen.

Dass sie nun in Feldkirch-Tisis millionenfach aus dem Erdreich krochen, liegt wahrscheinlich daran, dass sie ebenfalls Opfer von Hochwasser wurden. Mangels Fressfeinden – heimische Vögel verschmähen die krabbelnden Migranten, weil sie bei Gefahr Blausäure absondern, die übel riecht – vermehren sie sich explosionsartig. Die Säure kann übrigens unschöne Flecken auf Bodenbelägen verursachen, wenn man auf die Tiere tritt.

Wer den Anblick der kleinen Krabbler gar nicht erträgt, muss sich in Geduld üben. Denn sie zu bekämpfen ist praktisch aussichtslos, wie Kammerjäger erklären. Es kommen einfach zu viele nach. Dafür sind sie völlig harmlos und können weder stechen noch beißen. Als effektivste Methode, um sie aus Wohnräumen zu entfernen, empfiehlt man etwa in der Schweiz "Schüfeli und Bäseli".

Die gute Nachricht für Herpetophobiker: Im Haus oder in der Wohnung sterben die Tiere mangels Nahrung und wegen der Wärme bald. Im Garten stören sie wiederum nicht. Im Gegenteil: Ähnlich wie Regenwürmer verarbeiten sie abgestorbenes Pflanzenmaterial zu nährstoffreicher Erde. (Steffen Arora, 19.8.2021)