Die Autorin Anna Zemann wohnt in einem Fabriksloft im siebenten Bezirk, wo sie sich bei Raumhöhen von mehr als vier Metern einen Rückzugsort geschaffen hat. Besuch kommt meist nur von Haustaube Gundi.

"Ich habe beim Wohnen immer von etwas Kreativem geträumt, was in Wien ja gar nicht so leicht zu finden ist. Vor zwei Jahren hat mich und meinen Freund dann diese Mietwohnung gefunden. Hier befanden sich früher Produktionsstätten. Ich bin bei der Wohnungssuche einem Impuls gefolgt, hab auf einer Immobilienplattform gesucht – und dann war sie auf einmal da!

Anna Zemann wurde vor zwei Jahren von ihrer Mietwohnung in Wien-Neubau gefunden.
Foto: Lisi Specht

Ich bin sehr feinfühlig und kann in einer Wohnsituation, in der ich mich nicht wohlfühle, nicht bleiben. Da werde ich ganz unrund. Gleichzeitig kann ich aber auch einen Raum betreten und mich augenblicklich zu Hause fühlen. Und das war hier von Anfang an der Fall.

Die Raumhöhe dieser 140-Quadratmeter-Wohnung liegt bei über vier Metern. Das ist toll, weil sich die Räume dadurch im Sommer nicht so aufheizen. Aber es war anfangs auch gewöhnungsbedürftig, weil unser Wohnbereich so groß und weit ist und hier immer etwas los ist. Manchmal hat man schon auch das Bedürfnis, sich ein wenig zurückzuziehen.

Mein Schreibraum ist dafür der ideale Ort. Er ist ein wenig versteckt, mit eigener Terrasse, und er ist ganz mein Reich. Wobei ich hier bei offener Balkontür regelmäßig Besuch von meiner Haustaube Gundi bekomme. Das hat vor etwa eineinhalb Jahren begonnen. Seither füttere ich sie täglich, am liebsten mag sie Sonnenblumenkerne. Oft sitzt sie nur da, während ich schreibe. Ich umgebe mich hier mit vielen Pflanzen und selbstgeschossenen Naturfotografien. Ich bin mit dem Raum aber noch nicht ganz zufrieden, weil ich gern einen richtigen Dschungel hätte. So ein Miniurwald als Schreibraum wäre ein Traum von mir. Aber das muss noch wachsen.

"Ich sammle kreative Liebhaberstücke mit Geschichte", sagt Anna Zemann. Die Stehlampe ist vom Flohmarkt.
Fotos: Lisi Specht

Überhaupt ist manches noch nicht ganz fertig. Derzeit lehnen alle unsere Bilder noch an den Wänden. Es wirkt fast so, als sei das gewollt – ursprünglich war es das aber nicht. In unserer letzten Wohnung war es ähnlich. Wir sagen dann immer: Wir hängen sie an einem freien Sonntag auf. Das machen wir dann aber nie. Irgendwie ist es ja auch okay so.

Mein Lieblingsmöbelstück ist mein riesiger Schreibtisch, der eigentlich ein Esstisch ist. Er begleitet mich seit vielen Jahren. Überhaupt haben wir so gut wie alle Möbel schon gehabt, als wir eingezogen sind. Ich sammle kreative Liebhaberstücke mit Geschichte. Die Stehlampe und den alten Stuhl im Eck hab ich zum Beispiel auf einem Flohmarkt entdeckt. Ich suche nicht groß nach Möbelstücken, sondern stolpere irgendwann drüber. Darum ist es mir auch lieber, wenn ein Eck eine Weile leer bleibt, bis sich das richtige Stück dafür findet.

Das wichtigste Möbelstück ist der Schreibtisch, der früher ein Esstisch war. Die Dusche war ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Fotos: Lisi Specht

Das Schrägste an dieser Wohnung ist mit Sicherheit das Bad, das keine Wände hat und sich mitten in der Wohnung befindet. Von der Küche aus hat man direkten Blick in die Dusche. Ursprünglich wollten wir ja zumindest einen Vorhang als Sichtschutz aufhängen. Das haben wir bisher aber noch nicht gemacht. Das Bad war eine Umstellung, aber man gewöhnt sich daran. So ist das eben in einem Loft.

Ehrlicherweise haben wir hier nicht so viele Gäste, weil die Wohnung zu unserem kreativen Schreibraum geworden ist. Unsere letzte Wohnung war eher laut. Daher war mir ein ruhigerer Ort ein Bedürfnis, wo gar nicht so viel los ist. Es ist meistens sehr ruhig hier, und wir haben auch viel Abstand zu den Nachbarhäusern. Aber natürlich leben wir inmitten der Stadt, und es gibt rundherum viele Baustellen.

Manchmal reichen mir meine Pflanzen im Schreibraum dann nicht mehr, und ich ergreife die Flucht. Zwei- bis dreimal pro Woche gehe ich in den Nationalpark Donau-Auen. Dort hab ich meine Bäume. Die brauche ich, um mich zu erden.

Mich zieht es schon in die Natur. Mein Traum ist ein Haus im Wald, mit Glasfront und Feuerstelle. Aber so ein Örtchen muss man erst einmal finden. Aber vielleicht findet es ja uns." (23.8.2021)