Die Forschung beschäftigt sich intensiv mit Closed-Loop-Systemen. Österreich darf sich sogar als Pionier bezeichnen!

Grafik: DER STANDARD

Was sich hinter dem Zauberwort Closed Loop verbirgt, wird oft auch schlicht "künstliche Bauchspeicheldrüse" genannt. Es bezeichnet die automatische, selbstständige Regulation des Blutzuckerspiegels durch technische Geräte. Gelungen ist es durch die Kombination kontinuierlicher Blutzuckermessung (CGM) mit modernen Insulinpumpen.

Offiziell verfügbar ist derzeit nur eine Art Vorläufer: Minimed 670G, ein sogenanntes Hybrid-Closed-Loop-System (Automated-Insulin-Delivery-System, AID). Hybrid deshalb, weil Kohlenhydrate und der Befehl für die Insulinabgabe zu den Mahlzeiten nach wie vor manuell eingegeben werden müssen. Hybridpumpen kommunizieren jedoch selbstständig mit dem CGM-Sensor und passen die Basalrate alle fünf Minuten an die aktuellen Bedürfnisse des Körpers an. Steigt der Blutzuckerspiegel, wird die Basalrate erhöht – sinkt er, wird sie verringert.

Nur im Eigengebrauch

Geprüfte und zugelassene Software ist beispielsweise Smartguard von Medtronic oder DBLG von Diabeloop. Ganz ohne detaillierte Vorabschulung und regelmäßige Sicherheitschecks geht es allerdings doch nicht, weil der nötige Katheter richtig gesetzt, die Pumpe korrekt befüllt und der Sensor kalibriert werden muss. Außerdem gilt es zu wissen, was im Fall technischer Defekte, bei Hypoglykämie oder Hautunverträglichkeiten zu tun ist.

All das und mehr wissen Looper natürlich ganz genau. Denn so nennen sich Menschen mit Typ-1-Diabetes, denen die Entwicklung zugelassener, "richtiger" Closed-Loop-Systeme zu lange dauert und die sich deshalb ihr eigenes Gerät mit frei zugänglicher Software basteln. Zugelassen oder geprüft sind solche Do-it-yourself-Programme freilich nicht.

Sie können nur im Eigengebrauch und auf eigenes Risiko verwendet werden. Die Looper-Community hat längst mehrere entwickelt und stellt sie online frei zur Verfügung. Mit etwas technischem Verständnis, Zeit und der Hilfe erfahrener Looper könnte sich also eigentlich jeder, der Pumpe, CGM-Sensor und einen kompatiblen Empfänger (zum Beispiel das Smartphone) hat, sein eigenes System herstellen.1

Strafen drohen

Der deutsche Typ-1-Diabetiker Sascha Stiefeling, der sich seit Jahren mit Looping befasst, warnt allerdings: "Es gibt schon Möglichkeiten, mit verschiedenen Pumpen und der nötigen Software solche geschlossenen Regelkreise zu programmieren. Aber wegen der Haftungsfrage und sogar drohenden Strafandrohung wegen Behandlung muss sich jeder eigenverantwortlich damit beschäftigen." Kurse dazu gibt es bislang nicht. Aber Looper-Stammtische, an denen sich Benutzer aus aller Welt austauschen.

Stiefeling selbst führt Interessenten auf Facebook in "The Looped Group" zusammen: "Egal ob Apple oder Android – es gibt Lösungen für beide. Und die sind mit Pumpen wie Medtronic VEO, der Accu Chek Spirit oder dem Omnipod kombinierbar." Aller Hightech-Erleichterung zum Trotz müssen angehende Neo-Looper vorab ihre Therapie bestmöglich einstellen, laufend prüfen, Einstellungen stetig optimieren und alle gewonnenen Informationen dokumentieren.

Faktoren wie körperliche Aktivität oder Krankheiten sind zu berücksichtigen, Kohlenhydratbedarf und Insulin-Boli müssen gespeichert werden. Denn je mehr Informationen eingespeist werden, desto besser funktioniert das Loopen. Und funktioniert es gut, können Menschen mit Diabetes so ihre Therapie und ihre Werte verbessern.

Bessere Zeiten in Sicht

Auch Typ-1-Diabetikern, die sich nicht zum Eigenbau berufen fühlen, stehen bessere Zeiten bevor: Die Forschung beschäftigt sich intensiv mit Closed-Loop-Systemen. Österreich darf sich sogar als Pionier bezeichnen: Derzeit läuft an den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien eine Studie, die sich mit dem Einsatz einer "künstlichen Bauchspeicheldrüse" bei bis zu siebenjährigen Kindern beschäftigt. Ziel ist es, die Effekte dieser Maßnahme auf deren Diabeteseinstellung herauszufinden. Erste Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet.

Außerdem interessieren sich große Hersteller wie Medtronic und Roche mittlerweile sehr fürs Looping. Der große Vorteil: Deren Systeme werden von Zulassungsbehörden wie der amerikanischen FDA zertifiziert.

Die Furcht vor beim Do-it-yourself fabrizierten Fehlern, dadurch entstandenen Risiken, Verboten und Strafen fällt damit weg – und der Traum vom Closed Loop, der ein Leben mit Typ 1 viel leichter macht, kann endlich Wahrheit werden. (Peter Hopfinger, Christopher Waxenegger, CURE, 11.9.2021)

[1] Beachte: Nach Veränderungen an den Geräten entfällt automatisch die Haftung durch den Hersteller.