Chemisch betrachtet, ist Wasser auf den ersten Blick eine ziemlich triviale Angelegenheit. Zwei Wasserstoffatome, die simpelsten aller Atome, und ein Sauerstoffatom bilden im Molekül H2O eine stabile Einheit. Einfacher geht es kaum. Abseits der atomaren Zusammensetzung entpuppt sich Wasser jedoch rasch als eine äußerst komplexe Angelegenheit.

Mehr als zwei Drittel der Erde sind mit Wasser bedeckt, doch was vom All aus wie eine ruhige Oberfläche aussieht, ist ein extrem dynamischer Kreislauf. Menschliche Aktivitäten wie Flussverbauungen, die Entnahme von Grundwasser oder die globale Erwärmung beeinflussen das weltweite Wassergeschehen zunehmend – mit komplexen, zum Teil unvorhersehbaren Folgen.

Wolken, darunter Eis, der Ozean und ein wenig Land: Satellitenbilder zeigen, wie sehr unser Planet von Wasser dominiert wird. Wasser kommt auf der Erde natürlicherweise in allen drei Aggregatzuständen vor.
Foto: NASA

Wasser gilt als die Wiege des Lebens. Doch es birgt auch eine unglaubliche Zerstörungskraft, wenn ganze Landstriche überflutet werden oder wenn ersehnter Niederschlag wochenlang ausbleibt. In den vergangenen Jahrzehnten war vor allem die wachsende Weltbevölkerung für den zunehmenden Wasserbedarf verantwortlich. In den kommenden Jahrzehnten wird der Klimawandel aber eine immer wichtigere Rolle spielen, wenn es um die Verfügbarkeit von Wasser geht.

Sichtbare Auswirkungen

Während der Anstieg der Durchschnittstemperatur durch den menschengemachten Treibhauseffekt oft ein abstrakt erscheinender Befund bleibt, sind die Veränderungen der globalen Wasserströme ein deutliches Anzeichen des menschlichen Einflusses auf den Planeten. In all ihrer Dramatik stellen sie eine der sichtbarsten Auswirkungen des Klimawandels dar.

Erwiesenermaßen erhöht die Erderwärmung die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse wie Starkregen und Überflutungen deutlich. Der Grund dafür hat einerseits mit einer physikalischen Gesetzmäßigkeit zu tun, die Mitte des 19. Jahrhunderts von den Physikern Émile Clapeyron und Rudolf Clausius abgeleitet worden ist. Gemäß der Clausius-Clapeyron-Gleichung kann wärmere Luft mehr Wasserdampf halten.

Konkret resultiert ein Grad Erwärmung in sieben Prozent mehr Wasserdampf. Fatalerweise wird dadurch eine positive Rückkopplung in Gang gesetzt: Wasserdampf in der Atmosphäre wirkt seinerseits ebenfalls als Treibhausgas und treibt die globale Erwärmung zusätzlich an. Außerdem sind pro Grad Erwärmung etwa zwei Prozent mehr Niederschlag zu erwarten und 23 Prozent mehr Starkregen. Die vom Menschen verursachte Erwärmung verstärkt daher auch den Wasserkreislauf.

Rückenwind über dem Atlanik

Andererseits führt der Klimawandel zu einem Abschmelzen der Polkappen. Die Polarregionen erwärmen sich deutlich schneller als die Erde insgesamt. Der Temperaturunterschied zwischen Äquator und den Polen führt zu gewaltigen Höhenwinden, die sich beispielsweise bei transatlantischen Flugreisen bemerkbar machen: Fliegt man von Europa in die USA und wieder retour, hat man beim Heimflug in der Regel Rückenwind.

Die Flugzeit kann sich dadurch um ein bis zwei Stunden verkürzen. Der Grund dafür ist der Polar-Front-Jetstream, der mit bis zu 535 Kilometern pro Stunde über den Nordatlantik fegt. Durch die Verringerung des Temperaturgefälles zwischen Äquator und Nordpol nehmen diese Höhenwinde ab – mit spürbaren Auswirkungen auf das Wettergeschehen.

Während sich in Mitteleuropa Wetterlagen typischerweise alle paar Tage ändern, führt der abgeschwächte Jetstream zu einem schwerfälligeren meteorologischen Geschehen. Bei Extremwetterereignissen wie Hitze oder Starkregen zieht das die fatale Folge nach sich, dass diese Wetterlagen Tage oder gar Wochen ihr Unwesen treiben, bevor der nächste ersehnte Umschwung kommt.

71 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt.
Foto: Imago / Westend61 / Konstantin Trubavin

Trockenheit und Starkregen

Wie die Modellrechnungen zeigen, wird die globale Erwärmung, selbst wenn sie auf unter plus zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden kann, starken Einfluss auf die Niederschlagsmengen nehmen – und das regional sehr unterschiedlich. Tendenziell haben die trockenen Regionen mit noch weniger Niederschlag zu rechnen und die feuchteren Regionen mit häufigerem Starkregen.

Auf Mitteleuropa komme dabei eine besondere Herausforderung zu, sagt Dieter Gerten, Forschergruppenleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Klimasystem und Wasserhaushalt im Globalen Wandel an der Humboldt-Universität zu Berlin. Denn für unsere Breiten zeigen die Modelle, dass Dürre und Hochwasser oft zeitlich und räumlich sehr nahe beieinanderliegen können.

"Die große Dürre in Deutschland 2018, 2019 und teilweise noch 2020 war präzedenzlos in den vergangenen Jahrhunderten und hat gezeigt, dass die Wasserressourcen auch hier knapp sein können. Dieser Sommer ist wiederum von Hochwasser dominiert", sagt Gerten, "wir werden uns in Mitteleuropa auf beide Extreme einstellen müssen."

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Extremwetterereignisse wie Hochwasser und Dürren werden sich aufgrund des Klimawandels häufen.
Foto: Reuters / Mike Hutchings

Meister der Bodenversiegelung

Viel zu viel Wasser und dann wieder viel zu wenig. Lässt sich da nicht irgendwie ein Ausgleich finden? Im Prinzip ja, doch leider stehen die Zeichen in Österreich dafür derzeit nicht gerade günstig, wie Martin Kainz, Gruppenleiter und wissenschaftlicher Direktor des Wassercluster Lunz, eines Forschungszentrums der Donau-Universität Krems, der Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien, betont. "Wir sind in Österreich Meister der Bodenversiegelung", sagt Kainz.

Täglich werden hierzulande 13 Hektar Land verbaut – das ist eine Fläche von 20 Fußballfeldern. "Wenn der Starkregen nun auf versiegelten Boden trifft, prallt immer mehr davon auf verbaute Fläche, somit kann das Wasser nicht vom Boden aufgenommen und zurückbehalten werden", sagt Kainz.

Niederschlag und Verdunstung sorgen für eine stetige Umverteilung der Wassermassen rund um den Globus. Die Erderwärmung wird den Wasserkreislauf zusätzlich antreiben, da warme Luft mehr Wasserdampf halten kann. Zu erwarten sind im weltweiten Mittel etwas mehr und vor allem viel heftigere Niederschläge.
Foto: Imago / Jan Eifert

Systemischer Ansatz gefragt

Ein weiteres Problem sind die stark regulierten Bäche und Flüsse, in denen das Wasser bei Hochwasser kaum Platz hat auszuweichen. Zusätzlich verschärfen Schädlinge im Wald die Situation: seien es Borkenkäfer, die Fichten zusetzen, oder Pilze, die das Eschensterben verursachen. "Nach dem Abholzen fehlen diese Bäume, um Niederschlagswasser halten zu können", sagt Kainz.

Um Starkregen puffern zu können, brauche es mehr natürliche Wasserrückhalte. "Neben den notwendigen technischen Vorrichtungen wie Hochwasserschutz müssen wir an den Ursachen arbeiten, nicht nur die Symptome bekämpfen." Generell vermisst Kainz einen systemischen Ansatz beim Thema Wasser. "Wenn wir uns dem Thema Wasser annähern wollen, müssen wir erkennen, dass es nicht allein um das Wasser geht, sondern gleichzeitig um alle Ökosysteme, die Wasser brauchen – und das trifft auf fast alle zu."

Grenze für weltweite Wassernutzung

Analog zum 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der globalen Erwärmung haben Forscher errechnet, welche planetare Grenze es für die weltweite Wassernutzung gibt. Lässt man die für den Menschen unzugänglichen Wassermengen außen vor sowie jene, die zum Ökosystemschutz erforderlich sind, ergibt sich eine Grenze von 2800 Kubikkilometern pro Jahr. Aktuell verbraucht die Weltbevölkerung Jahr für Jahr jedoch bereits annähernd so viel – und schöpft dabei Grundwasserreserven und Gewässerökosysteme aus, die sich so schnell nicht regenerieren können.

Im Gegensatz zu anderen natürlichen Ressourcen wie Erdöl oder Kohle ist Wasser nicht substituierbar, wie Dieter Gerten betont: "Es bleibt als Trinkwasser, als Industriemotor und für den Wuchs natürlicher und landwirtschaftlicher Pflanzen auch in Zukunft alternativlos."

Hoffnungsvoll stimmt aber zumindest die Tatsache, dass die "zwar stets zirkulierende, aber global immer gleich bleibende erneuerbare Wassermenge theoretisch unendlich lange nutzbar ist. Man mag daher die wunderliche Rechnung aufstellen, dass sämtliche Tiere, die je die Erde bevölkert haben, mindestens zehn Millionen Mal so viel Wasser getrunken und wieder ausgeschieden haben wie das gesamte Menschengeschlecht."

Und das sei immerhin das Tausendfache der erneuerbaren Süßwassermenge. "Stets war es dasselbe uralte, immer und immer wieder umverteilte Wasser; jeder einzelne Tropfen hätte eine abwechslungsreiche, Milliarden Jahre – womöglich bis in die Zeit vor Entstehung unseres Sonnensystems – zurückreichende Geschichte zu erzählen: Nicht unwahrscheinlich also, dass das Wasser in Ihrem Trinkglas schon einmal von längst ausgestorbenen Urzeitwesen konsumiert wurde", sagt Gerten.

Gletscher sind gigantische Speicher von Süßwasser.
Foto: Imago / Mint Images

Wasserintensive Landwirtschaft

Um einen möglichst effizienten Umgang mit den verfügbaren Wasserressourcen zu finden, lohnt es sich, dort anzusetzen, wo das meiste Wasser verbraucht wird – und das ist ganz unangefochten in der Landwirtschaft.

Rund 70 Prozent des weltweiten Wasserbedarfs fallen für die Produktion von Nahrungsmitteln an. Als Endverbraucher im Supermarkt ist oft gar nicht möglich festzustellen, welche Produkte besonders wasserintensiv sind und welche weniger. "Unser täglicher Konsum hinterlässt einen Wasserfußabdruck, der oft schwierig zu beziffern ist", sagt Gerten.

Einzig Fleisch sticht als enorm wasserintensiv heraus. Die Tiere werden ja zunächst mit Pflanzen gefüttert, die ihrerseits Wasser brauchen. Allein die Bewässerung für Futtermittel macht laut Gerten ein Fünftel des Wasserbrauchs in der Landwirtschaft aus. Eine Produktkennzeichnung entsprechend dem Wasserfußabdruck würde helfen, mehr Bewusstsein für den Wasserbedarf zu entwickeln.

Andererseits ist die reine Wassermenge nur bedingt aussagekräftig, wie Gerten betont: "Es kommt immer auf die Details an: Wo wurde eine Pflanze angebaut, woher kommt das Wasser zur Bewässerung, und hätte es vor Ort für wichtigere Zwecke verwendet werden können?"

Künstliche Bewässerung zulasten der Grundwasserreserven

Idealerweise sollten wasserintensive Produkte in wasserreichen Regionen angebaut und in wasserarme Länder exportiert werden. Die Realität sieht aber oft anders aus – Glashaustomaten aus Südspanien oder Avocados aus Israel sind Beispiele für den Export von wasserintensiven Produkte aus wasserarmen Gegenden.

Mit über 300 Millionen Hektar wird weltweit ein Viertel der landwirtschaftlichen Anbauflächen künstlich bewässert. Das ist nur dann nachhaltig, wenn nur so viel Wasser etwa aus Flüssen entnommen wird, dass die Ökosysteme nicht geschädigt werden und auch noch stromabwärts ausreichend Wasser übrig bleibt.

Die Bewässerung auf Kosten des Grundwassers ist dagegen keine umweltfreundliche Lösung. "Man pumpt Grundwasserreserven leer, die über Jahrhunderte und Jahrtausende nicht durch Regen wieder ausgefüllt werden können", sagt Gerten.

Profitorientierter Raubbau am Grundwasser

Besonders kritisch sieht es Gerten, wenn große Getränkehersteller für die Produktion ihrer Drinks Grundwasserreserven antasten und damit in Konkurrenz zur Deckung des Wasserbedarfs der lokalen Bevölkerung treten. In Lüneburg macht derzeit eine Bürgerinitiative gegen den dortigen Grundwasserraubbau von Coca-Cola mobil.

Im Vorarlberger Ludesch legt sich die Bevölkerung mit Rauch und Red Bull an, um einen Werksausbau zu verhindern, der zur Folge hätte, dass die Konzerne noch mehr lokales Grundwasser als bisher abzapften. Auch bei Nestlé reißt seit Jahren die Kritik wegen Deals mit Behörden, die dem Konzern Wasserrechte einräumen, um Grundwasser abpumpen und in Plastikflaschen verkaufen zu können, nicht ab. Beispiele wie diese zeigen, wie schnell es beim Thema Wasser um Geld, Politik, Gerechtigkeit und Macht geht.

Abgesehen von der Herkunft des Wassers ist beim Anbau von Nahrungsmitteln die Bewässerungstechnik entscheidend. Für Kainz stellt sie einen entscheidenden Schlüssel dar, wie die wasserintensive Landwirtschaft effizienter mit dem kostbaren Gut umgehen kann. Dafür ist keine teure Hightech notwendig, sondern eher das Gegenteil: zum Beispiel einfache Tröpfchenbewässerung. "Diese Technologie gibt es längst, sie ist kostengünstig, und trotzdem wird sie oft nicht verwendet, weil großflächige Sprinkleranlagen einfacher erscheinen", sagt Kainz.

Insbesondere Korallenriffe wie das Great Barrier Reef vor Australien zeugen davon, welchen enormen Artenreichtum die Ozeane beherbergen. Die Erwärmung der Meerestemperaturen bringt das seit Jahrtausenden gewachsene Gefüge zuletzt allerdings zunehmend aus dem Gleichgewicht.
Foto: Imago / Westend61 / Thomas Haupt

Schlechte Effizienz bei Bewässerung

Auch die Tageszeit der Bewässerung spielt eine wichtige Rolle: Steht die Sonne im Zenit, verdunstet viel mehr Wasser als in den Abend- und Morgenstunden. "Trotz ihrer Ineffizienz sind Sprinkleranlagen, die in der Mittagshitze mehr Wasser in die Atmosphäre als zu den Pflanzen befördern, in wasserarmen Teilen Vorderasiens genauso im Einsatz wie oft auch in Österreich", kritisiert der Forscher.

Der Status quo ist jedenfalls wenig zufriedenstellend: Die Effizienz von Bewässerungssystemen liegt im weltweiten Mittel bei 40 Prozent. Das bedeutet, dass mehr als doppelt so viel Wasser zur Bewässerung eingesetzt wird, als die Pflanzen benötigen.

Abseits der landwirtschaftlichen Nutzung wird in den kommenden Jahren zu klären sein, welche Rolle Wasser als Energielieferant künftig spielen soll. Im Zuge des Green Deals der EU-Kommission haben sich einige als Fürsprecher von Staudämmen und Wasserkraftwerken hervorgetan, andere sehen derartige Eingriffe aus ökologischen Gründen kritisch.

Massive Eingriffe in Ökosysteme

Großen Staudammprojekten wie dem Renaissance-Damm in Äthiopien begegnet Dieter Gerten jedenfalls skeptisch: "Das sind massive Eingriffe in lokale Ökosysteme. Die Bevölkerung flussabwärts fürchtet zu Recht, dass das Wasser, das dort aufgestaut wird, unten nicht mehr in ausreichendem Maße ankommt."

Generell würden große Staudämme "nur selten ihren Zweck erfüllen, da sie wirtschaftlich hinter den Erwartungen zurückbleiben – mit vielfach untragbaren Folgekosten und oft weitaus schädlicheren Konsequenzen, als es bei ihrer Planung vorhergesehen wurde." In den USA wurden daher in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als tausend Staudämme wieder abgerissen. Andernorts wie in Asien, Afrika oder auch auf dem Balkan werden immer noch neue Wasserkraftwerke gebaut.

Kritische Bewertung von Wasserkraftwerken

Gerten plädiert für eine kritische Evaluierung von auch bereits bestehenden Wasserkraftwerken. "In Österreich gibt es eine längere Tradition von kleineren Talsperren, wo Wasser sinnvoll aufgestaut und sowohl zur Energieerzeugung als auch für Erholungszwecke genutzt werden kann", sagt Gerten, "man muss jedes Projekt neutral bewerten, ob die Vor- oder Nachteile überwiegen."

Angesichts des Klimawandels kann die Wasserkraft einerseits dazu beitragen, CO2-arme Energie zu liefern. Andererseits stellt sich die Frage, ob auch in trockenen Jahren noch ausreichend Wasser vorhanden sein wird, um die Kraftwerke weiterhin betreiben zu können – ohne Wasserengpässe für Verbraucher, die flussabwärts leben, zu verursachen.

Durch die steigenden Temperaturen stellt sich zudem die Frage, ob bei den Stauseen nicht zu viel Wasser verdunstet und wie viel Methan freigesetzt wird – einem besonders potenten Treibhausgas. "Aus diesen Gründen sollte man die Wasserkraft auch im Zuge des Green Deals kritisch evaluieren", sagt Gerten.

Welche gigantischen Energiemengen Wasser speichert, zeigt sich am Tynemouth Pier in Großbritannien.
Foto: Imago / Cover-Images

Das geringste Übel für die Natur

Was die Nutzung der Wasserkraft in Österreich angeht, stellt Martin Kainz dieser Form der Energiegewinnung ein überwiegend positives Zeugnis aus. Kainz forschte in Österreich und Kanada auf dem Gebiet der Wasserkraftwerke und sieht Österreich aus mehreren Gründen geeignet dafür: Zunächst kann man an den nördlichen Alpen-Rändern relativ verlässlich mit stetiger Wasserzufuhr rechnen.

Weiters bieten sich Täler besonders für Stauseen an, da dort weniger Land geflutet werden muss. Das geflutete Land wird von Bakterien zersetzt und zu CO2 oder Methan veratmet, weswegen die Ökobilanz von Stauseen in flachen Regionen, wo viel Land für einen Damm geflutet werden muss, schlechter ausfällt.

"Wir haben in Österreich relativ gute Voraussetzungen, Wasserkraft sinnvoll zu nutzen, aber natürlich muss man sich immer ansehen, was das für die Flora und Fauna bedeutet", sagt Kainz. "Es gibt keine Form der Stromgewinnung, die einen Vorteil für die Natur bedeutet, daher geht es immer darum, das geringste Übel für die Natur zu finden. Das ist etwa die Sonnenenergie, aber für die braucht man Kollektoren. Aber auch die Windkraft hat ihre Nachteile, und eben auch die Wasserkraft – doch die sind in Österreich vergleichsweise gering."

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Die Sprinklerbewässerung eines Weizenfeldes zählt zu den weniger nachhaltigen Formen der künstlichen Bewässerung.
Foto: Getty Images / ollo

Von Freunden und Feinden

Unabhängig davon, ob es um den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft, den Bau von Staudämmen oder Wasserverunreinigung durch die Industrie gehe, herrsche beim Umgang mit Wasser immer noch weitgehend ein Paradigma vor, kritisiert Gerten: Wasser gelte als unerschöpfliche Ressource, die man sich nach Belieben aneignen könne – und bei Gefahr bekämpfen müsse.

"Generell betreiben wir immer noch Raubbau an der Natur und am Wasser. Es wird als Dienstleistung, als ein Mittel zur Profitsteigerung und als ein zu bezwingender Feind wahrgenommen." Der Fokus müsse sich künftig weg von der Frage bewegen, wo sich noch mehr Wasser abzapfen ließe, hin zu einem effizienten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. "Der große Paradigmenwechsel, den man sich wünschen würde, nämlich Wasser ökologisch und sozial verträglicher zu nutzen, zeichnet sich noch nicht durchgreifend ab." (Tanja Traxler, Magazin FORSCHUNG, 25.8.2021)