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Clarissa Ward berichtet für CNN vom neuen Alltag in Kabul unter den Taliban.

Foto: Brent Swails/CNN via AP

Fast scheint es dieser Tage so, als ob sich in den Straßen Kabuls ein Kreis schließt im Leben von Clarissa Ward. Gebannt blickte die Welt auf die Reportagen der Korrespondentin des US-Nachrichtensenders CNN aus der von den Taliban beherrschten afghanischen Hauptstadt. Wie niemand sonst versteht sie es, die bedrohliche neue Normalität der Zivilbevölkerung unter dem Regime der Islamisten abzubilden – vor allem das Schicksal der Afghaninnen.

So berichtete Ward von einem Kabuler Burkageschäft, das ob der rigiden Verhüllungsvorschriften der neuen Herren unverhofft Hochkonjunktur verzeichnet. Auch sie selbst verhüllte sich für ihre Drehaufnahmen. Eine andere Reportage zeichnete nach, wie die Taliban aller Propaganda zum Trotz mit Frauen umgehen, die sich aus dem Haus wagen. Der Mut der 41-Jährigen beeindruckt ein TV-Publikum auf der ganzen Welt.

Dass die Taliban, die eigentlich wenig Interesse an Journalismus haben – und schon gar nicht von einer Frau –, sie zwar schikaniert, ansonsten aber unbehelligt gelassen haben, vermag zu erstaunen. Man habe aktuell schlicht kein Interesse daran, sie ins Visier zu nehmen, erklärt Ward auf Sendung.

Bittere Pointe

Dass Ward über die Rückkehr der Taliban berichtet, gleicht angesichts ihrer Karriere einer bitteren Pointe. Als 2001 das World Trade Center in ihrer Heimstadtstadt New York brannte, saß Ward noch wie gefesselt vor dem TV-Apparat in ihrem Studentenheim in Yale; im Bann der Breaking News beschloss sie, Journalistin zu werden.

Kurz nachdem die USA dann in der Folge von 9/11 die Taliban aus Kabul vertrieben hatten, heuerte die studierte Literaturwissenschafterin beim Moskauer CNN-Büro an. Nach einigen Jahren bei Fox News, ABC und CBS wurde sie 2018 als Chief International Correspondent Nachfolgerin der legendären CNN-Reporterin Christiane Amanpour – ein Ritterschlag im Nachrichtengeschäft.

Seither ist Ward, die mit einem deutschen Banker verheiratet ist und zwei kleine Söhne hat, überall dort, wo es gerade kracht auf der Welt, etwa in Myanmar, in der Ukraine oder in Syrien. Ihre Reportagen aus Aleppo sind preisgekrönt. Dass sie in Kabuls Straßen als US-Bürgerin samt Entourage und Sicherheitsteam anders behandelt wurde als Afghaninnen, ist ihr bewusst. Bis zuletzt zählte sie zu den wenigen ausländischen Journalisten vor Ort, doch am Freitag wurde auch sie ausgeflogen. (Florian Niederndorfer, red 21.8.2021)