Das Verfahren gegen Heinz-Christian Strache und einen ehemaligen Klinikbetreiber rund um angebliche Bestechung geht am Montag in die Endphase.

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Wien – Ende dieser Woche könnte das erste Mitglied der früherem türkis-blauen Regierung erstinstanzlich verurteilt werden – oder die erste Korruptionsanklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit Ibiza-Bezug gescheitert sein. Entscheiden wird das Richterin Claudia Moravec-Loidolt, die zuvor noch fünf Zeugen zu hören bekommen wird. Darunter durchaus Prominenz: beispielsweise den Schönheitschirurgen Artur Worseg, den einstigen blauen Volksanwalt Peter Fichtenbauer sowie den Abgeordneten Johannes Hübner (FPÖ).

Ihre Aussagen sollen klären, ob der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller aus politischen Motiven unterstützte oder ob er sich von ihm bestechen ließ. Strache und Grubmüller bestritten Korruption in den ersten Verhandlungstagen Anfang Juli vehement: Sie kennen einander schon lange, deshalb verbrachten sie auch einen Urlaub zusammen; den Flug dafür habe Strache selbst bezahlt. Die Parteispende Grubmüllers an die FPÖ sei ein "Signal" an die SPÖ gewesen, weil ihn diese in seinem langjährigen Kampf nicht unterstützt habe.

Gedeckelter Fonds

In diesem Kampf ging es um den Privatklinikenfinanzierungsfonds, kurz Prikraf. Grubmüller wollte mit seiner Privatklinik Währing unbedingt in den Prikraf gelangen, was gewisse Vorteile bei der Verrechnung von Leistungen bietet. Dagegen sperrte sich jedoch der Fachverband, da der Prikraf gedeckelt ist. Nur bei einer Erhöhung des Fondsvolumen wollte man neue Mitglieder aufnehmen.

Strache kritisierte das System während einer Pressekonferenz im Wahljahr 2017 scharf, seine damals noch in Opposition befindliche Partei brachte außerdem einen Initiativantrag im Nationalrat ein. Das sieht die WKStA als Amtsgeschäft in Verbindung zu einer späteren Spende über 10.000 Euro. Außerdem wird das Angebot einer Flugreise an Strache als Bestechungsversuch angeklagt, zu diesem Zeitpunkt war Strache schon Vizekanzler.

Chats zu intensivem Lobbying

Chatnachrichten aus seinem sichergestellten Smartphone zeigen, wie intensiv er in der türkis-blauen Regierung für die Prikraf-Reform lobbyierte. Änderungen beim gesetzlichen Rahmen für Lebensversicherungen wolle er nur im Gegenzug für die Prikraf-Öffnung zustimmen, schrieb er beispielsweise.

Grubmüller hatte seine Privatklinik da schon an den Schönheitschirurgen Artur Worseg vermietet, deshalb wird dieser als Zeuge geladen. Hübner und Fichtenbauer kommen über ihre damalige Rolle als rechtskundige FPÖ-Politiker ins Spiel; außerdem wird der damalige Kommunikationschef der FPÖ sowie ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums befragt werden.

Urteil für Freitag erwartet

Für Strache und Grubmüller gilt die Unschuldsvermutung; vermutlich werden alle Zeugenbefragungen am Montag abgeschlossen werden. Am Freitag folgen dann die Schlussplädoyers, bevor Richterin Moravec-Loidolt ihr Urteil fällt. DER STANDARD wird live tickern.

Eine Konsequenz hat der Prozess in jedem Fall: Durch die Ermittlungen, die auch im U-Ausschuss beleuchtet wurden, sieht die Politik dringenden Reformbedarf im Prikraf-System. Erste Entscheidungen dazu sollen im Herbst getroffen werden. (Fabian Schmid, 23.8.2021)