Geht es um Elon Musk, dann sind sich die Diskutanten oftmals nur bei einem wirklich einig. Dass er das Talent hat, viele Menschen mit seinen Visionen zu begeistern. Doch während viele ihn dadurch zu einem Helden hochstilisieren, sehen andere manche seiner Aktionen an der Grenze zur gezielten Täuschung – oftmals mit finanziellen Motiven im Hintergrund, wie etwa einige seiner Tweets zu Kryptowährungen.

Tesla Bot

Dass Musk ein Meister der Inszenierung ist, demonstrierte er vor wenigen Tagen eindrucksvoll. Im Rahmen des Tesla AI Days kündigte er kurzerhand an, dass die eigene Firma am "Tesla Bot" arbeite, einem humanoiden Roboter, der Menschen repetitive Aufgaben abnehmen soll. Eine Ankündigung, die faszinierend klingt und ihm entsprechend weltweit Schlagzeilen einbrachte – obwohl selbst bei oberflächlicher Betrachtung schnell klar wird, dass hinter der Ankündigung kaum mehr als heiße Luft steht, oder wie man im Englischen sagen würde: Vaporware.

Ein Umstand, den Musk nicht einmal sonderlich zu verheimlichen versuchte, die gesamte Präsentation wirkte so, als würde er sich gezielt über all jene lustig machen, die sämtliche seiner Ankündigungen für bare Münze nehmen. Neben einigen Renderings, die mehr an einen Science-Fiction-Film denn an aktuell umsetzbare Hardware erinnerten, brachte er nämlich noch eine "echte" Version des Tesla Bots auf die Bühne. Dabei handelte es sich um einen Schauspieler in einem Spandex-Outfit, der nach einem zunächst robotermäßigen Auftreten auf der Bühne zu tanzen begann.

Detailreichtum vs. Detailarmut

Theorie.
Foto: Tesla
Praxis.
Foto: Tesla

Musk erklärte dies damit, dass dieser das Modell für den Tesla Bot bilden soll, was wohl auch erklärt, warum der Roboter mit sehr spezifischen Eckdaten angekündigt wurde. Obwohl es sonst kaum Details gab, wurde die Weltöffentlichkeit darüber informiert, dass der Tesla Bot 170 cm groß und 56 kg schwer werden soll. Außerdem soll er menschenähnliche Hände haben. Gerade im Kontrast zum Fehlen jeglicher technischer Informationen wirkte es so, als hätte Musk diesen Antritt recht kurzfristig zusammengeschustert. Die Aussage, dass es bereits im kommenden Jahr einen ersten Prototypen geben wird, darf jedenfalls stark bezweifelt werden.

Bleibt die Frage für die Motivation hinter diesem Treiben. Neben Musks genereller Neigung, sowohl Fans als auch Gegner zu trollen, ist das Ganze auch eine hervorragende Ablenkung von anderen, weniger erfreulichen Schlagzeilen für Tesla. Immerhin gibt es neue Untersuchungen der US-Behörden gegen Tesla, weil die Autopilotensoftware des Unternehmens grobe Defizite aufweist und immer wieder zu Unfällen führt – etwa wie bereits elfmal in parkende Einsatzfahrzeuge zu krachen.

Anlocken

Gerade angesichts dieser groben Defizite in der Tesla-KI, die hier genutzt wird, erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass das Unternehmen innerhalb der kommenden Jahre irgendetwas, das einem humanoiden Roboter auch nur ähnelt, produzieren kann. Gleichzeitig könnte aber darin auch noch eine versteckte, weitere Motivation stecken: Nämlich der Versuch, über solche Ankündigungen Experten aus dem Bereich KI anzulocken. Immerhin klingt das Versprechen, einen humanoiden Roboter bauen zu dürfen, sicher interessanter, als ein selbstfahrendes System weiter zu verfeinern. Vielleicht kann man so den einen oder anderen Entwickler für sich gewinnen, der sonst zu Google, Apple oder anderen Experten in diesem Bereich gegangen wäre. Und wer weiß, vielleicht entsteht in einigen Jahren daraus dann wirklich ein echtes Produkt, den Atem sollte man in dieser Hinsicht aber lieber nicht anhalten.

Schon Mitte des letzten Jahrhunderts gab es ähnlich gehaltvolle Robotervisionen – hier ein Beispiel aus dem Jahr 1968.
British Pathé

Ankündigungspolitik

Musk ist generell für großspurige Versprechen bekannt, denen oft nichts folgt – außer einer neuen Ankündigung. So hat er etwa über die Jahre mehrfach versprochen, dass es schon bald ein wirklich selbstfahrendes System für Tesla gibt. Aktuelle Testversionen sind aber noch immer weit davon entfernt, ohne Aufsicht von Menschen fahren zu können, was dem Unternehmen zunehmend schärfer werdende Kritik einbringt. Immerhin spiele man mit solchen Betatests im öffentlichen Verkehr und ohne professionelle Fahrer – wie es andere Firmen in diesem Bereich machen – mit dem Leben von Menschen. (red, 22.8.2021)