Hallein – die offizielle Stadt liegt im Clinch mit ihrem Amtsleiter.

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Es sind die einschlägig bekannten Gruppen, es ist das einschlägig bekannte Liedgut: "DJ Adolf", "Division Germania", "Polacken Tango", "SS marschiert im Feindesland" und Ähnliches mehr; auch dabei "Third Reich Music" mit "Die Fahne hoch", also das Horst-Wessel-Lied, Kampflied der SA und Parteihymne der NSDAP.

Wie aus einer dem STANDARD vorliegenden Disziplinaranzeige von Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) gegen den Stadtamtsdirektor der Stadt Hallein hervorgeht, sollen diese Dateien und weitere Dateien ähnlichen Inhalts auf dem dienstlichen Netzlaufwerk des Stadtamtsdirektors gefunden worden sein.

Zu welchem Zweck der höchste Beamte der Tennengauer Bezirkshauptstadt die rechtsradikalen Lieder gespeichert und ob er diese auch weiterverbreitet hat, geht aus der Disziplinaranzeige nicht hervor. Der Bürgermeister stellt lediglich fest, dass der Beamte "damit gegen die Dienstpflicht" verstoßen habe, "sein dienstliches Netzlaufwerk nicht für die Aufbewahrung von nationalsozialistischem und rechtsradikalem Liedgut zu missbrauchen".

Geheimakten

Der Fund des in der Disziplinaranzeige angeführten Nazi-Liedguts ist freilich nur ein Punkt der Vorhalte. Brisant ist auch, dass der Amtsleiter auf seinem dienstlichen Netzlaufwerk "ein elektronisches Archiv mit personenbezogenen Daten über 99 Gemeindebedienstete angelegt" haben soll. Laut Anzeige dürften diese "Geheimakten" nicht Teil der offiziellen Personalakten gewesen sein. Hier führt die Disziplinaranzeige gleich mehrere Datenschutzverletzungen an.

Einer der Akten betrifft auch den "persönlichen Bürgermeister-Assistenten" und soll in Form eines zwölf Seiten starken Berichts an einen außenstehenden Rechtsanwalt übermittelt worden sein. In der Disziplinaranzeige ist von einer Verletzung der Amtsverschwiegenheit die Rede.

Porno-Datei

Zudem soll der Mann "auf seinem Diensthandy" sowie "im dienstlichen Media-Laufwerk" eine pornografische Videodatei abgespeichert haben und auch damit gegen die Dienstpflicht verstoßen haben. Der dienstfrei gestellte Beamte war am Montag für den STANDARD für eine Stellungnahme nicht greifbar. In allen genannten Punkten gilt die Unschuldsvermutung.

Gemeindevorstehung entscheidet

Die von Stangassinger eingebrachte Disziplinaranzeige ergeht an die nach den politischen Kräfteverhältnissen im Gemeinderat zusammengesetzte Gemeindevorstehung. Der Bürgermeister ist Dienstbehörde, die Gemeindevorstehung ist Disziplinarbehörde und hat zu entscheiden, ob weitere Ermittlungen notwendig sind oder ob ein Verfahren durchzuführen ist oder nicht. Sie entscheidet auch über eine allfällige Suspendierung. Entscheidet die Gemeindevorstehung, dass ein Verfahren eingeleitet werden muss, dann kommt ein von der Landesregierung zu bestellender Disziplinaranwalt zum Zug, der das weitere Verfahren führt.

Hofrat bereits dienstfrei gestellt

Die aktuelle Anzeige stellt eine weitere Eskalation im seit Monaten andauernden Konflikt der Stadt Hallein mit ihrem erst im Oktober 2020 mit dem Titel Hofrat versehenen Stadtamtsdirektor dar. Der Beamte wurde 2009 vom damaligen Bürgermeister Christian Stöckl (ÖVP, heute Landeshauptmann-Stellvertreter) zum Leiter des Stadtamts befördert. Nach dem Wahlsieg der SPÖ bei der Gemeinderatswahl 2019 und der Direktwahl von Stangassinger zum Bürgermeister wurden die bis dahin weitreichenden Kompetenzen des Gemeindebeamten stark eingeschränkt und dieser letztlich bei vollen Bezügen im Mai dieses Jahres dienstfrei gestellt.

Da es sich um eine rechtlich heikle Personalangelegenheit handelt, war offiziell vonseiten der Stadt Hallein nie eine Begründung für die Dienstfreistellung zu erfahren. In Lokalmedien war lediglich von einer enormen Anzahl von Überstunden die Rede. Laut Salzburger Nachrichten dürften die Vorwürfe aber massiv gewesen sein, und so habe der Stadtamtsleiter einer einvernehmlichen Lösung und damit einem Rückzug in die zweite Reihe ursprünglich auch zugestimmt, dies später aber widerrufen.

Die aktuelle Anzeige resultiert aus diesem Widerruf: Bei einer amtsinternen Nachschau in seinem dienstlichen Netzlaufwerk seien die in der Anzeige angeführten Dateien dann gefunden worden. (Thomas Neuhold, 24.8.2021)