Bundeskanzler Sebastian Kurz nimmt sich jetzt Waldheim zum Vorbild.
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Im August 1968 marschierten die Armeen der Warschauer-Pakt-Staaten unter Führung der Sowjetunion in die damalige Tschechoslowakei ein, um den Prager Frühling zu beenden. Der damalige ÖVP-Außenminister Kurt Waldheim gab dem damaligen Botschafter in der ČSSR, Rudolf Kirchschläger, die Weisung, keine Visa an gefährdete Gegner des kommunistischen Regimes auszustellen. Kirchschläger ignorierte die Weisung seines Vorgesetzten einfach ("aus Gewissensgründen") und ließ circa 50.000 Visa für tschechoslowakische Regimeflüchtlinge ausstellen. Beide wurden später Bundespräsidenten, Kirchschläger ehrenvoll, Waldheim weniger.

Bundeskanzler Sebastian Kurz nimmt sich jetzt Waldheim zum Vorbild: Keine afghanischen Flüchtlinge mehr nach Österreich! Auch keine gefährdeten Menschenrechtlerinnen, Journalistinnen oder einfach Frauen, die in den 20 Jahren ohne Taliban zu einem selbstbestimmten Leben gefunden haben und nun in höchster Gefahr sind. Andere Staaten nehmen sehr wohl solche Menschen auf. Kurz sagt faktengemäß, dass die afghanische Community in Österreich "besonders schwierig zu integrieren ist", verschweigt aber faktenwidrig, dass dies wohl kaum für gebildete Taliban-Gegnerinnen und -Gegner gilt.

Von Kurz war nichts anderes zu erwarten. Er ist so. Die Frage ist, wo in diesem Land Bürgerliche mit einem Gewissen – wie Kirchschläger – geblieben sind. (Hans Rauscher, 23.8.2021)