Ob die Schweine wirklich dem Klassenkampf in Argentinien ein Gesicht geben wollten, darf bezweifelt werden.

Foto: @AlejoGariglio Twitter

Herden von Wasserschweinen (Capybaras) überrannten dieser Tage einen Vorort von Buenos Aires. Der ehemalige Lebensraum der Tiere wurde vor Jahren in eine Luxussiedlung für die Reichen und Schönen umgebaut. Jetzt holten sich die Nager ihr Territorium zurück. Social Media feiert die Tiere bereits als Vorreiter des Klassenkampfs.

Nordelta ist eine gut abgeriegelte "Gated Community", die vor knapp 20 Jahren in der ehemaligen Heimat der Wasserschweine errichtet wurde. Seitdem leben rund 25.000 gutverdienende Argentinier dort, die von der Invasion der Tiere völlig überrascht wurden. Nun wurde die Politik eingeschaltet, die sich um die "Plage" kümmern soll.

Invasion

Im "Guardian" wird der Ökologe Enrique Viale dazu zitiert, dass es sich ursprünglich eigentlich um eine Invasion des Menschen handelte. "Reiche Immobilienentwickler, die von der Regierung unterstützt werden, müssen die Natur zerstören, um ihren Kunden den Traum vom Leben in der Wildnis zu verkaufen – denn die Menschen, die diese Häuser kaufen, wollen Natur, aber ohne Moskitos, Schlangen oder Wasserschweine", sagt Viale.

Über die Gründe, warum die Wasserschweine Nordelta gerade jetzt überlaufen, spekuliert man noch. Die wahrscheinlichste Begründung ist wohl, dass der nahe gelegene Fluss Parana derzeit aufgrund von Trockenheit wenig Wasser für sie bereithält und die Suche nach Trinkbarem die Tiere in die Stadt getrieben hat.

Nun verwüsten die Wasserschweine aufgrund der schieren Anzahl die Umgebung, verursachen Verkehrsunfälle und greifen sogar Haustiere an. Bei einer Größe von knapp 60 Zentimetern, einem Gewicht von bis zu 60 Kilogramm und einem Hang zur schnellen Vermehrung ist die Bedrohung durch die Tiere tatsächlich nicht zu unterschätzen.

Revolution

Die Gated Communities sind in Argentinien dem Großteil der Bevölkerung ein Dorn im Auge, visualisieren sie doch verstärkt die Klassenunterschiede in den einzelnen Regionen. Die Stimmung auf Social Media ist den Tieren gegenüber deshalb eher positiv, und sie werden stellenweise sogar als Vorreiter der Revolution gefeiert.

Um der Geschichte ein friedliches Ende zu bescheren, schaltete sich nun die Nachbarschaftsvereinigung Nordelta ein, die als Lösung für die Wasserschweine eigens angefertigte Unterschlupfmöglichkeiten schaffen will. (red, 23.8.2021)