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In Großbritannien, wo fast alle Maßnahmen gelockert sind, wurde die möglicherweise neue Variante nachgewiesen.

Foto: AP / Rick Rycroft

Neue Mutationen des Coronavirus, die die Wirkung der Impfung herabsetzen könnten, sorgen immer wieder für Aufregung. Aktuell macht sich die Delta-Subform AY.3 einen Namen. Sie breitet sich vor allem in den Südstaaten der USA aus, in Mississippi gehen bereits 45 Prozent der Neuinfektionen darauf zurück, in Missouri sind es 43 Prozent, wie Daten der US-Seuchenbehörde CDC zeigen.

Auch in Israel und Europa ist die Delta-Subform schon angekommen – es gibt etwa Fälle in Großbritannien und Deutschland. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts liegt der Anteil im Nachbarland bei immerhin 3,4 Prozent. Für Österreich liegen laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) noch keine Daten vor, Virussequenzierungen werden aktuell aber auf diese neue Variante geprüft. Informationen erwartet man im Laufe der Woche.

Was genau ist AY.3? Es handelt sich dabei um eine von derzeit 13 Subformen von Delta, die alle unter dem Namen Delta Plus zusammengefasst werden. Diese verfügen über eine zusätzliche Mutation des Spike-Proteins, die auch in den Varianten Beta und Gamma zu finden ist.

Wie gefährlich AY.3 ist, kann man noch nicht beurteilen. Christina Pagel, Mathematikerin am University College London und spezialisiert auf die Auswertung von Gesundheitsdaten, betont dazu auf Twitter: "AY.3 ist in den USA tatsächlich auf dem Vormarsch, aber gemeinsam mit der Delta-Variante. Deshalb ist es schwer zu sagen, ob es Delta verdrängt oder einfach zuvor dominante andere Varianten."

Internationale Sorge

Besorgt zeigt man sich dagegen in Israel. Asher Shalmon, Leiter des Referats für Internationale Beziehungen, bemerkte laut der Zeitung "Haaretz" vor einem Ausschuss des Parlaments: "Es sieht sehr, sehr virulent aus, was die Infektionsrate angeht, und es sieht so aus, als ob die Form eine relative Resistenz gegen den Impfstoff entwickelt."

Auch der deutsche SPD-Politiker und Gesundheitsökonom Karl Lauterbach betonte auf Twitter, dass die neue Sars-CoV-2-Variante "noch ansteckender zu sein scheine als die Delta-Variante", und erinnerte daran, "wie wichtig der schnelle Impferfolg ist". Denn: "Es wird auf jeden Fall noch gefährlichere Varianten als Delta geben."

Gegen diese Befürchtungen hält ein Briefing der Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) in Großbritannien (Stand 20. August). Laut diesen Daten ist bei der Variante weder von höherem Transmissionsrisiko noch von stärkerem Einfluss auf den Impfschutz auszugehen.

"Es könnte auch Zufall sein"

Und auch Pagel schreibt zusammenfassend, man wisse noch sehr wenig über AY.3: "Es könnte übertragbarer sein als Delta, es könnte immunausweichender sein. Es könnte aber auch Zufall sein. Es gibt aktuell keine Anzeichen dafür, dass AY.3 gefährlicher ist als Delta." Trotzdem ist Pagel vorsichtig: "Wir haben das schon einmal gesehen und sollten daher mehr über die Variante in Erfahrung bringen."

Der Genetiker Ulrich Elling vom IMBA in Wien, der mit seinem Team für einen Gutteil der Sars-CoV-2-Sequenzierungen in Österreich sorgt, ist bei der Einschätzung von AY.3 zurückhaltend. Er verweist darauf, dass diese Variante der Delta-Variante keine jener bekannten Mutationen zeige, die als besorgniserregend gelten. Die höhere lokale Verbreitung in den USA könnte auch laut Elling Zufall sein – also etwa auf einzelne Superspreader-Ereignisse zurückgehen.

Delta-Mutationen in der Türkei

Elling weist in seinen jüngsten Twitter-Nachrichten allerdings auf andere zusätzliche Mutationen hin, die sich im Fall der Delta-Variante insbesondere in der Türkei zu zeigen scheinen. Dort tauchte bei Sequenzierungen von Delta-Viren zum einen die zusätzliche Mutation N501Y auf, die bisher schon bei Alpha, Beta und Gamma für höhere Infektiosität sorgte, bei Delta bis jetzt aber noch nicht vorkam.

Zusätzlich scheint sich ebenfalls vor allem in der Türkei die Mutation E484K in Delta einzubauen, wie die Genom-Datenbank Gisaid meldet. E484K kam bisher unter anderem bei Beta, Gamma und der "Tiroler Fluchtmutante" vor. E484K ist deshalb sehr unangenehm, weil sie den Immunschutz durch Impfungen und Infektionen umgeht.

Inzwischen entwickelt sich die Pandemie zum Problem der Ungeimpften. Zahlen aus Wien zeigen, dass die Sieben-Tage-Inzidenz bei Ungeimpften gut zwölfmal höher ist als bei vollständig Geimpften. (Pia Kruckenhauser, tasch, 24.8.2021)