Schimmel entsteht oft hinter Sofas oder Regalen.

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Schock und Entsetzen, gefolgt von der Frage, wie das überhaupt passieren konnte. Noch wichtiger ist meist, wie das schwarze Ding an der Wand wieder verschwindet, wer dafür bezahlt und – das Allerwichtigste – ob gesundheitliche Schäden entstanden sind. Schimmel holt das Schlimmste aus dem Wohnraum heraus. In Form von kleinen schwarzen Punkten, die sich zu einem Fleck des Grauens zusammenschließen und Unbehagen auslösen.

Meist bildet sich Schimmel hinterm Sofa oder dem Bücherregal, das selten bis gar nie verschoben wird, oder – der Klassiker – in den Badezimmerfugen. Dann nämlich, wenn diese nach dem Duschen nicht getrocknet werden. Denn: "Wo Feuchtigkeit ist, kann Schimmel wachsen", erklärt der Sachverständige Franz Stubenvoll. Und Feuchtigkeit entsteht überall, wo Menschen sind – allein schon durch die Atmung.

Wird dann auch noch in einer Wohnung gewohnt, sprich gekocht, gewaschen oder gebügelt, steigt die Luftfeuchtigkeit. Solange diese Räume allerdings auch gut durchlüftet sind, hat der Schimmel kaum Gelegenheit, sich niederzulassen.

Findet kein Luftaustausch statt, setzt sich Luftfeuchtigkeit als Kondensat an Oberflächen ab, die kälter als die Raumtemperatur sind.

Lüften, messen, auswerten

Lüften allein ist aber leider nicht des Schimmelbefalls Lösung. Das Wie spielt die entscheidende Rolle. Das Klimaschutzministerium und auch das deutsche Umweltbundesamt hat dafür eigene Leitfaden erstellt. In Letzterem findet sich unter anderem folgender Tipp: nicht quer-, sondern mit komplett geöffnetem Fenster bei geschlossener Tür lüften.

Die Sachverständige Astrid Laubenstein rät zudem von gekippten Fenstern ab. "Dadurch kühlen die inneren Wandoberflächen sehr stark nach unten und bieten den idealen Nährboden für Schimmelbildung."

Wer außerdem auf Messgeräte setzt, die die Luftfeuchtigkeit anzeigen, muss wissen, wie die ausgewiesenen Zahlen zu bewerten sind. Laubenstein: "Da heiße Luft mehr Wasser aufnehmen kann als kalte Luft, sind 60 Prozent Luftfeuchtigkeit bei 20 Grad anders zu bewerten als bei 30 Grad." Man spreche hier von relativer Luftfeuchtigkeit. Zieht also 30 Grad heiße feuchte Außenluft in den kühleren Wohnraum, kondensiere diese an kälteren Wänden von rund 20 Grad aufgrund des hohen Temperaturunterschieds. "An organischen Materialien können sehr schnell auf einem Quadratzentimeter eine Million Sporen wachsen."

Sommerkondensat vermeiden

Schimmelbildung kann auch im Sommer, also der Hochzeit der geöffneten Fenster, zum Problem werden. Das liegt laut Stubenvoll an der sogenannten Sommerkondensation. Die Erklärung: Der Wasserdampf der heißen, schwülen Luft kondensiert an kühlen Oberflächen (zum Beispiel im Keller) und bildet damit die Voraussetzung für Schimmelwachstum.

Der richtige Zeitpunkt, die Fenster zu öffnen, ist also entscheidend. Laubenstein empfiehlt, die Nacht oder die frühen Morgenstunden zum Lüften zu nutzen und der verlockenden Versuchung zu widerstehen, nach dem Sommerregen die Fenster aufzureißen. Denn: "Die Feuchtigkeit trocknet auf Gehsteigen und Straßen ein und muss irgendwohin verdampfen. Also setzt sie sich an kühleren Oberflächen in Wohnräumen ab."

Umkehrkondensat in alten Wänden

Neben dem Nutzerverhalten kann auch eine undichte Regenrinne, in Bauwerke eindringende Grundfeuchtigkeit aus dem Boden oder Wärmebrücken zur Ursache für Pilzwachstum werden. Aufgrund der kühlen Oberflächen werden auch Keller und Garagen häufig zum Brutkasten für Schimmel. Dabei sprechen Experten vom sogenannten Umkehrkondensat. Dieses Problem kennt auch der Sachverständige Stubenvoll aus seinem eigenen Keller. Hier haben permanent geöffnete Fenster – also auch untertags während längerer Hitzeperioden – die Schuhe in den Kästen zum Schimmeln gebracht. "Seither öffne ich die Kellerfenster nur über Nacht und betreibe einen Luftentfeuchter."

Wer bezahlt den Schaden?

Grundsätzlich ist Schimmel ein Hygieneschaden, den der Eigentümer, Vermieter oder Hausverwalter beheben muss. Allein, so einfach ist es in den meisten Fällen nicht. Denn die Schuldfrage spielt eine ausschlaggebender Rolle. Aus der Praxis gehe hervor, dass drei Viertel aller Fälle auf bauliche Probleme zurückzuführen seien und ein Viertel auf nicht sachgerechtes Bewohnen, erzählt Stubenvoll.

Im Übrigen: Die Farbe des Schimmels gibt keinen Hinweis auf die Schädlichkeit. Stubenvoll: "Es gibt Schimmelpilzarten in allen Farben, auch in Weiß." Wer daher genau wissen will, welche Art sich im Wohnraum ausbreitet, müsse Schimmel im Labor untersuchen lassen. Aber: Solange der Schimmel an der Wand Handtellergröße nicht übersteigt, geht davon für gesunde Menschen keine Gefahr aus.

Dieser kann mit einem Schwamm und 70-prozentigem Alkohol weggewischt werden. "Nicht vergessen, den Schwamm danach wegzuwerfen", erinnert Stubenvoll und gibt generell Entwarnung vor dem meist schwarzen und äußerst unbeliebten Mitbewohner. "An und für sich ist der Mensch gut an den Schimmel angepasst, da sich auch in der Außenluft ständig Schimmelsporen befinden." (Julia Beirer, 26.8.2021)