Die Tonkünstlerin greift in ihrer Arbeit bevorzugt auf Klänge aus dem Tierreich – vor allem auf Vogelgesänge – zurück.

Foto: Gilberto Ramirez Lucero

Dass man der Natur wieder mehr zuhören muss, sagt eine zunehmende Anzahl von Menschen. Tania Rubio macht das aber schon bereits eine Weile. Die Tonkünstlerin greift in ihrer Arbeit bevorzugt auf Klänge aus dem Tierreich – vor allem auf Vogelgesänge – zurück: "Ich nehme im Freien Tiergeräusche auf, analysiere das Material und suche Instrumente, mit denen sie simuliert oder überhöht werden können, und komponiere dann."

Über diesen Zugang der "Biomusik" schreibt Rubio derzeit ihre Dissertation an der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz. "Ziel meines Projekts ist es, durch den Transfer von Erkenntnissen aus der Bioakustik neue Perspektiven für die Musikkomposition zu finden." Dazu kooperiert Rubio immer wieder auch mit Naturforschern, was ihr zufolge sehr produktive Folgen haben kann: "Mit ihrer Hilfe habe ich es etwa geschafft, Vogelgesänge wie ein Instrument zu erlernen."

Derzeitig beschäftigt sich Rubio mit den Verbindungen von elektroakustischer Musik, Klangkunst und Zoomusikologie. Diese Forschungsergebnisse beabsichtigt sie in ihre Kompositionsarbeit zu übertragen: "Mein Hauptinteresse ist die Verflechtung von Wissenschaft, Kunst und Technologie zur Erzeugung neuer Musik."

Zur Erweiterung der Hörerfahrung möchte sie dabei Klangwelten schaffen, die Natur und Mensch als gleichgestellt begreifen. Deshalb interessiert sich Rubio nicht nur für Tierlaute, sondern auch für die traditionelle Musik und die Instrumente indigener Völker – etwa in Indonesien, Brasilien, Westafrika oder aus ihrer Heimat Mexiko: Rubio wurde 1987 in Mexiko-Stadt geboren, wo sie ab dem Alter von neun Jahren neben der regulären Schulzeit noch eine umfangreiche musikalische Ausbildung erhielt.

Musik und neue Technologien

Den eigentlichen Wunsch der Eltern erfüllte sie aber nicht: "Sie wollten, dass ich Pianistin werde. Aber dazu habe ich nicht wirklich eine Verbindung gefühlt." Ihre Leidenschaft galt dagegen bereits früh der Percussion, die bis heute im Mittelpunkt ihres Schaffens steht.

Nachdem sie einen Bachelor im Fach Komposition in ihrer Geburtsstadt erhalten hatte, folgten bis 2017 ein Masterstudium im Studienfach "Musikschaffen, traditionelle Künste und neue Technologien" in Buenos Aires und anschließend Meisterkurse bei verschiedenen namhaften zeitgenössischen Komponisten wie etwa Heiner Goebbels.

Ihr Weg nach Linz führte zuerst über Deutschland: 2018 nahm sie dort bei den berühmten Ferienkursen für Komposition in Darmstadt teil. Im Folgejahr war Rubio dann als "Composer in Residence" des Archivs Frau und Musik und der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main tätig.

Anschließend folgte der Schritt nach Oberösterreich, wo man Rubio im Freien auch einmal ohne ihr Aufnahmegerät antreffen kann: Ihre Freizeit verbringt sie, wie bei ihrer Arbeit auch, viel an der frischen Luft – Fahrrad fahren, Tauchen und Wandern gehören zu ihren Hobbys: "Ich liebe es einfach, in der Natur zu sein." Und vielleicht zwitschert ihr dabei ja bald wieder ein Vogel ein paar inspirierende Klänge für das nächste Werk zu. (Johannes Lau, 31.8.2021)