Elefanten haben ein komplexes Sozialverhalten. Lautliche Kommunikation ist dabei ein wichtiges Werkzeug, das ihnen sogar erlaubt, eigene Dialekte auszubilden.

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Elefanten sind große Stimmkünstler und Lautmaler. Sie haben noch ganz andere Laute im Repertoire als das Trompeten und das als "Rumble" bekannte tiefe Grollen. Elefantendame Sawu im Dresdner Zoo kann etwa ein extrem hohes Quietschen – mit 1800 Hertz höher als jenes von Meerschweinchen – von sich geben.

Es entsteht, indem Sawu beim Einatmen die Rüsselspitze zusammenkneift und eine Nasenöffnung verschließt. Andere Elefanten erzeugen Quietschtöne mit ihren Lippen, ein pulsierendes Brabbeln oder Krächzen. Und dann gibt es noch die, die sogar menschliche Wörter reproduzieren.

Wie diese Lautäußerungen zustande kommen, ist eine der Forschungsfragen von Angela Stöger. Die Gründerin des Mammal Communication Lab an der Uni Wien hat zuletzt auch im Fachblatt "Biology" die bisher unbekannte Lauttechnik Sawus beschrieben.

Kommunikationsbarriere verkleinern

Wie und warum Elefanten – und viele andere Tiere – Laute produzieren, hat Stöger nun im Buch "Von singenden Mäusen und quietschenden Elefanten" thematisiert. Letztendlich geht es dabei auch um die grundlegende Frage, wie der Mensch die enorme Kommunikationsbarriere zu anderen Spezies verkleinern kann.

Warum quietscht also Sawu? "Wir waren bei der Entstehung der Fähigkeit nicht dabei. Sawu war aber mit Asiatischen Elefanten zusammen, bei denen hochfrequente Laute durchaus üblich sind. Wahrscheinlich hat sie diese auf ihre Art nachgeahmt", vermutet Stöger. Elefanten gehören wie Papageien oder Delfine zu jener überschaubaren Anzahl an Arten, die gehörte Laute originalgetreu imitieren können. Sie lernen Laute voneinander, entwickeln sie weiter und können sogar eigene Dialekte herausbilden.

Hoher kognitiver Aufwand

"Menschen haben ein offenes akustisches System. Wir können neue Laute erfinden. Dasselbe scheint auch bei Elefanten der Fall zu sein", sagt Stöger. Viele der neuen Lautäußerungen entstehen unter nicht natürlichen Bedingungen, im Kontakt mit Menschen oder anderen Tieren in Zoos.

"Die große Quizfrage ist, wie die Elefanten diese Fähigkeit, die einen hohen kognitiven Aufwand verlangt und nicht zufällig entstanden sein kann, in freier Wildbahn anwenden", umreißt die Bioakustikerin eines ihrer Forschungsziele. Unter anderem will sie dazu das Verhalten wildlebender Elefanten in Südafrika erkunden.

"Elefanten haben eine flexible Sozialstruktur. Es gibt die engste Familie, aber auch Bekannte, die nur lose zu einer Gruppe gehören", umreißt es Stöger. "Dialekte helfen, um aus der Entfernung zu erkennen: Der gehört zu uns!"

Auch junge Bullen, die die Gruppe verlassen, werden kommunikativ auf die Probe gestellt. "Die lautliche Anpassungsfähigkeit hilft ihnen dabei, sich in den neuen Sozialstrukturen zurechtzufinden", sagt die Forscherin. "Das ist auch bei Menschen so: Wenn man dazugehören will, versucht man, das Verhalten anzugleichen."

Lautliche Adaptierungsfähigkeit

Die lautliche Adaptierungsfähigkeit funktioniert auch bei Zootieren. Eine erste Erkenntnis dazu konnte Stöger bereits 2005 vorstellen – ihre erste Publikation war im Journal Nature. Zuvor traf sie auf Calimero, einen Afrikanischen Elefanten im Basler Zoo, der als Jungtier nach Europa kam.

Er gab Laute von sich, die jenen der Indischen Elefanten in seinem Zoo-Umfeld glichen. Gemeinsam mit der Elefantenforscherin Joyce Pool konnte Stöger die Lautimitation, die Sawu später in ähnlicher Weise zeigen würde, damals erstmals beschreiben.

Doch das Nachahmen von Lauten aus dem sozialen Umfeld der Elefanten geht noch weiter. Besteht dieses Umfeld hauptsächlich aus Menschen, können auch deren Laute imitiert werden. Das bewies Koshik, ein Tier in einem südkoreanischen Erlebnispark. Koshik kann an ihn gerichtete Wörter der Pfleger, übersetzt "Hallo", "Nein" oder "Leg dich hin", wiederholen – so gut, dass Außenstehende die auf Band aufgezeichneten Wörter zweifelsfrei verstehen konnten, wie Stöger und Kollegen damals zeigten.

Beweis für Kreativität

Die Art, wie der Elefant die Wörter bildete, ist ein Beweis für die Kreativität der Tiere. "Die im Vergleich zum Menschen andere Form der Lippen und andere Beweglichkeit der Zunge verhindert, dass Koshik ein ,U‘ oder ein ,I‘ bilden konnte. Also steckte er den Rüssel in sein Maul, um die Mundhöhle entsprechend zu modifizieren", sagt Stöger.

Die Bioakustikerin hat das Kommunikationsverhalten vieler Spezies gesammelt, von Geparden, deren Zwitschern nicht von jenem der Vögel zu unterscheiden ist, bis zu Trauerdrongos, einer Vogelart, die ihre Stimmgewalt vor allem dazu nutzt, Erdmännchen zu verwirren – Stögers Buch ist voll von Beispielen dieser Art.

Das Studium der Elefanten blieb aber der rote Faden in ihrer Forscherkarriere. Inzwischen hat sie eine Datenbank aufgebaut, in der etwa 7800 Elefantenlaute akribisch beschrieben sind. Das Aufnahmegerät ist bei Expeditionen ein Dauerbegleiter.

Elefantenüberwachung

Stöger bemüht sich zudem, die Koexistenz von Tieren in freier Wildbahn mit menschlichen Siedlungen zu verbessern. Beispielsweise entwickelte sie im Rahmen eines FWF-Projekts mit der FH St. Pölten ein akustisches Überwachungssystem, das Elefantenlaute zweifelsfrei automatisch erkennt und Bauern im Elefantengebiet vor Tieren in der Nähe warnen könnte.

Bleibt die Frage: Wie weit können wir uns der "Sprache" der Tiere nun annähern? Werden die Menschen deren Kommunikation in Zukunft besser deuten können? "Ich denke schon, dass wir das kommunikative Verhalten noch besser verstehen können, wenn auch nicht so wie Dr. Dolittle", antwortet Stöger.

"Man muss sich nur ausreichend Zeit nehmen, um die Tiere zu beobachten. Dasselbe machen auch die Tiere. Sie beobachten uns und stellen sich in ihren Handlungen auf uns ein." (Alois Pumhösel, 29.8.2021)