Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) schärft in Wien nach.

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Der Herbst steht vor der Tür, und der Infektionsdruck wird höher. Mit dem kühleren Wetter steigen auch die täglichen Neuansteckungen – am Dienstag wurden österreichweit 1.002 Neuinfektionen gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 92,2 Fälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Zahl der Personen, die wegen einer Corona-Erkrankung im Spital waren, stieg ebenso: 398 Personen waren es am Dienstag – ein Plus von fast 50 Prozent innerhalb einer Woche. 84 Personen wurden auf Intensivstationen versorgt.

Wien weist mit 120 die höchste Sieben-Tage-Inzidenz aus, weshalb am Dienstag Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit Expertinnen und Experten über die nächsten Schritte beriet. "Aus meiner Sicht ist die Pandemie nicht vorbei", sagte Ludwig im Anschluss an die Beratungen. Er habe da seit langem "eine andere Einschätzung" als manche Teile der Bundesregierung. Und damit habe er auch recht behalten, sagte Ludwig.

Bereits strengere Regeln

Schon vor dem Sommer hat Wien die Maskenpflicht in allen Geschäften beibehalten; ebenso die Weiterführung der "qualitativ hochwertigen Testungen". In allen Altersgruppen sei Corona mittlerweile ein Problem – auch bei Kinder und Jugendlichen, weshalb in Wien seit Anfang des Sommers nur PCR-Tests und Antigentests, die etwa in einer Teststraße oder in der Apotheke abgenommen wurden, als Eintrittstests gelten. Die sogenannten Wohnzimmertests werden in Wien nicht akzeptiert. Außerdem gilt die Drei-G-Regel bereits ab sechs Jahren – im Rest Österreichs müssen erst Kinder ab zwölf Jahren einen Test erbringen.

Impfung im Supermarkt

"Der wichtigste Schutz gegen eine Infektion ist die Impfung", betonte Ludwig. Daher gebe es auch ein weitreichendes, niederschwelliges Angebot in der Hauptstadt: Impfboote, Impfbusse, den Stich im Stephansdom oder in Moscheen sowie in Einkaufszentren – ab Mittwoch auch in Kooperation mit Rewe vor den Supermärkten.

"In Kombination mit der Impfung ist auch das Testen notwendig", betonte Ludwig. Auch weil es eine Personengruppe in Österreich gebe, die sich entweder nicht impfen lassen kann oder will. "Da kann man diskutieren, ob das gut oder schlecht ist – aber es ist so", sagte Ludwig. Es werde immer Menschen geben, die sich nicht impfen lassen, egal welche Mittel die öffentliche Hand setzen will. Eine generelle Impfpflicht will Ludwig nicht: "Es ist weiterhin besser, wenn man informiert", sagte der Bürgermeister.

Kürzere Gültigkeit von Tests

"Wir werden bei den PCR-Tests die Gültigkeit von 72 auf 48 Stunden reduzieren", sagte Ludwig. Bei den Kindern unter zwölf Jahren werde es aber bei 72 Stunden bleiben. Die Antigentests, die von "befugten Einrichtungen", etwa einer Teststraße, abgenommen werden, sollen statt nach 48 bereits nach 24 Stunden ablaufen. Die neue Gültigkeitsdauer tritt am 1. September in Kraft.

Nun würden auch Reiserückkehrer "ein wichtiges Thema", erklärte Ludwig – er erwarte sich, dass die Bundesregierung mit einem weitreichenden Testangebot ansetze. Auch sorge sich Ludwig in Bezug auf den Schulbeginn – Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sei hier gefordert.

Vorbereitung auf Herbst

"Wir bereiten uns vor auf stark steigende Zahlen – auch in den Spitälern", betonte Ludwig. Er wolle nun die Vorbereitungen treffen, damit es nicht wieder zu einem Lockdown komme. "Wir sehen, dass die Sieben-Tage-Inzidenz rapide steigt", sagte Ludwig. Das seien Richtwerte, die wichtigere Zahl sei die Entwicklung der Spitals- und Intensivstationsbelegungen – auch diese steige. Wenn die Zahlen zu sehr steigen, kann sich Ludwig weitere Maßnahmen vorstellen. Auch eine Wiedereinführung der FFP2-Masken-Pflicht schloss er nicht aus. Ob auch eine Ein-G-Regel in der Gastronomie möglich sei – also dass nur noch Geimpfte ins Lokal gehen dürfen? "Ich hoffe nicht, dass es notwendig sein wird, es kann aber auch sein, dass es eine der Maßnahmen ist, die im Herbst angewendet werden", sagte Ludwig.

Unterstützt wird Ludwig in seinem Vorhaben von SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Sie forderte in einem Statement die Bundesregierung auf, die Gültigkeitsdauer von Corona-Tests für ganz Österreich zu verkürzen: "Das bringt noch mehr Sicherheit – die brauchen wir dringend, um die Bevölkerung bei steigenden Infektionszahlen und sinkendem Impftempo besser zu schützen."

Blaue Kritik

Kritik kam von den Wiener Freiheitlichen. Der Wiener FPÖ-Chef und blaue nicht amtsführende Stadtrat Dominik Nepp sprach in einer Aussendung davon, dass Ludwigs Vorstoß "einzig und allein" dazu diene, mit "Dauerzwangstests der roten Testindustrie Millionen an Steuergeld in den Rachen zu werfen". Die Konsequenz sei eine "zusätzliche Schikane für die Wiener Bevölkerung". Nepp erneuerte die Forderung der FPÖ nach dem Einbau von Luftfilteranlagen in allen Schulklassen. "Der Bürgermeister hat nach seiner Kinder-Testpflicht für Bäder, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen heute einmal mehr bewiesen, dass er keinerlei Gefühl für die Bedürfnisse von Kindern hat. Das ist mehr als traurig", sagte Nepp.

Die Neos begrüßten die Maßnahme. Gewarnt wurde jedoch vor einer Belastung des Budgets: "Wenn die Antigentests in Apotheken und bei Ärzten für Ungeimpfte weiterhin kostenlos bleiben, wird das für die Gemeinschaft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr, sehr teuer", befand Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Er forderte eine Regelung für ein Ende der Gratistests. (Oona Kroisleitner, 24.8.2021)