Wien – Die ÖVP ist mit einer Klage gegen die Wochenzeitung "Falter" nun auch vor dem Oberlandesgericht Wien abgeblitzt. Damit ist der Vorwurf des "Falter" zulässig, dass die ÖVP bewusst geplant habe, die Kosten für den Wahlkampf 2019 zu überschreiten. Die Berufung der ÖVP gegen ein entsprechendes erstinstanzliches Urteil hat das Oberlandesgericht nun zurückgewiesen. Die ÖVP kündigt an, auch dagegen Rechtsmittel einzulegen.

Dem "Falter" waren im Wahlkampf 2019 Unterlagen sowohl über den aktuellen als auch über den Wahlkampf der ÖVP 2017 zugespielt worden. 2017 hatte die ÖVP – das war bereits bekannt – die Kostengrenze massiv überschritten. Neu war im Bericht aber, dass die ÖVP die Überschreitung schon im Budget stehen hatte, während sie öffentlich noch die Einhaltung der Wahlkampfkosten zusagte. Außerdem schloss der "Falter" aus den Unterlagen, dass 2019 eine neuerliche Überschreitung beziehungsweise die Verschleierung der tatsächlichen Wahlkampfkosten geplant gewesen sei. Letzteres wollte die ÖVP nicht stehen lassen und klagte auf Unterlassung.

Urteil des Handelsgerichts

Im April hatte das Handelsgericht Wien zwar entschieden, dass der "Falter" die Behauptung, dass die ÖVP die Wahlkampfkosten-Überschreitung "vor dem Rechnungshof verbergen will", unterlassen und widerrufen muss. Gleichzeitig wurde dem Wochenmagazin laut dem erstinstanzlichen Urteil aber erlaubt zu schreiben, dass "die ÖVP bewusst plane", die gesetzliche Wahlwerbungsausgabenbeschränkung zu überschreiten und "bewusst die Öffentlichkeit über ihre Wahlkampfausgaben täuscht".

Dagegen hatte die ÖVP berufen. Dieser Berufung hat das Oberlandesgericht Wien nun in seinem der APA vorliegenden Urteil vom 29. Juli (2 R 75/21w) "nicht Folge gegeben".

Zulässige wertende Schlussfolgerungen

In seiner Begründung schreibt das Oberlandesgericht, dass die Grenzen zulässiger Kritik an Politiker im Allgemeinen weiter gesteckt sind als bei Privatpersonen – und stellte fest: Insgesamt handle es sich bei den Behauptungen des "Falter" um zulässige wertende Schlussfolgerungen, die auch nicht exzessiv seien. Die dem "Falter" vorliegenden Dokumente rechtfertigen die gezogenen Schlussfolgerungen und Wertungen.

Und weiter schreibt das Oberlandesgericht: Die vom "Falter" veröffentlichten Dokumententeile "lassen die Deutung zu, dass darin Kosten zum Zweck der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben über die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben 'verteilt' werden, wie es in den inkriminierten Texten gewertet wird. Darin liegt in einer Gesamtschau jedoch eine auf diesen Dokumenten fußende zulässige Kritik. Die Berufung ist daher nicht berechtigt."

ÖVP kündigt "außerordentliche Revision" an

Eine Revision dagegen ist "nicht zulässig", heißt es in dem Urteil des Oberlandesgerichts. Die ÖVP werde aber "Rechtsmittel in Form einer außerordentlichen Revision" einlegen, kündigte ein Sprecher der Partei auf Anfrage der APA an. (APA, 24.8.2021)