Keine Frage, Deutschland ist ein schönes Land, das einiges zu bieten hat: Berge im Süden, Nord- und Ostsee ganz oben und dazwischen viele Menschen mit vielen Leben. Das zeigt der neue grüne Werbespot und greift dafür ein altes Lied auf. "Kein schöner Land in dieser Zeit" heißt das Original von Anton Wilhelm von Zuccalmaglio aus dem Jahr 1840.

Die Grünen dichten um und reimen neu, bei ihnen beginnt das Lied mit "Ein schöner Land in dieser Zeit. Es regt sich Aufbruch weit und breit". Das und die folgenden Textzeilen trällern allerdings keine Profis, sondern viele Menschen aus dem Volk. Für das Ohr ist das manchmal ein bisschen eine Zumutung – auch wegen des Textes.

Irritierende Passage

"Müssen unsre Erde wahrn, fürs Leben wird es hier zu warm", heißt es da. "Anschluss an Straße, Bus und Bahn" wünschen sie sich, "und natürlich auch W-LAN". Etwas irritierend ist zunächst die Passage "Kämpfen für Klima, Kurzstreckenflieger". Eigentlich wollen die Grünen ja innerdeutsche Flüge überflüssig machen. Ah, sie meinen mit Kurzstreckenfliegern die Bienen. Die Farm besingt übrigens Sarah Wiener mit sehr, sehr tiefer Stimme.

Es singen ein Briefträger, ein Pastor, eine Lehrerin, ein Altenpfleger. "Ohne Fax geht so viel mehr, Bildung und Löhne endlich fair", wünscht man sich. Am Schluss kommen dann die grünen Chefs Robert Habeck und Annalena Baerbock ins Bild. Sie singen allerdings nicht, reimen aber dennoch. "Jetzt alles geben", sagt er. "Den Aufbruch leben", fährt sie fort und fügt noch hinzu: "Wir sind bereit."

Natürlich gibt es bereits zahlreiche Reaktionen. "Vielleicht WOLLEN die Grünen gar nicht gewählt werden?!", twittert der Satiriker Jan Böhmermann. Die Autorin Sophie Passmann fragt: "Ist der Song schon auf Spotify?"

"Wählt die Grünen: für konsequenten Klimaschutz und damit wir aufhören zu singen", schreibt selbst Fridays-for-Future-Aktivist Jakob Blasel, der für die Grünen kandidiert.

"Die Selbstzerstörung der Grünen", sie würden das ganz ohne Rezo schaffen, lautet eine andere Reaktion. Jemand fragt auf Twitter: "Das ist Satire, oder?" Viele wähnen sich in einem Wahlspot der CDU. So twittert Melanie Amann vom "Spiegel": "Heimatliebe, Grillfleisch, Landwirte, Handwerk, Kirche, Fußballverein – alle Herzensthemen drin im neuen @CDU-Spot!"

Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagt: "Wir wollen einen Aufbruch für dieses Land, und wir wollen aus den ausgetretenen Pfaden der politischen Kommunikation austreten, das zeigt auch unser Clip. Wir wollen Dinge anders machen." Er selbst singt nicht mit. (Birgit Baumann aus Berlin, 25.8.2021)