Am Johann-Nepomuk-Vogl-Markt shoppt man japanisch, ...

Foto: Andy Urban

... trinkt in der Markthummel einen Café

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... und im Buffet Café Habe einen Spritzer.

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Mehr als gelungen, das muss man Silvia Nossek schon lassen. Die grüne Bezirksvorsteherin von Währing hat etwas geschafft und geschaffen, woran viele in den Jahren davor gescheitert sind. Sie hat einen toten Platz zum Leben erweckt, den Johann-Nepomuk-Vogl-Platz an der Grenze Währing-Hernals.

Dort treffen einander nun Familien mit ihren Kindern wegen des eingezäunten Spielplatzes, der alle Stückerln spielt, schön im Schatten der hohen Bäume liegt und dem sich keine Autos nähern können. An diesem zentralen Platz sind Wasserspiele integriert, die manchmal zur Fontäne aus dem Boden steigen, oder aus viele kleinen Düsen ein kühlendes Aerosol über den Platz wabern lassen – vergnügtes Kinderquieken inklusive. Zwei permanente Tischtennistische geben den Kiebitzen allen Alters viel zum Zuschauen.

Zwei permanente Tischtennistische geben den Kiebitzen allen Alters viel zum Zuschauen.
Foto: Andy Urban

Sobald es kühler wird, scharen sich Spielfreudige um die beiden Tische und warten, dass auch sie einmal drankommen. Es spielen hier alle Schattierungen aller Geschlechter, Religionen und Herkünfte friedlich mit- und manchmal auch gegeneinander. Fast schon kitschig, diese demonstrative Gleichwertigkeit. Ein leicht verschroben wirkendes älteres Semester schiebt auf seinem Gehbockerl einen Verstärker mit fettem Lautsprecher vor sich her, bis er im Schatten (zwölf neue Bäume) seinen Platz findet und die Idylle mit seinen Sounds beschallt. Man lässt ihn gewähren.

Von Ständen umringt

Um den Platz herum sind die modernisierten Marktstandln aufgestellt, es gibt einen offenen Bücherschrank, WLAN, Radabstellplätze, eine E-Tankstelle und ein Highend-Häusl. Am Samstag gibt es einen kleinen, aber umso feineren Bauernmakt in der Teschnergasse. Ein nettes Blumengeschäft, ein japanisches Delikatessengeschäft, Kleider und Schmuck samt indisch anmutender Düfte, daneben die im Soft Opening befindliche Markthummel.

Die Markthummel befindet sich im Soft Opening.
Foto: Andy Urban

Die Markthummel sieht sich als Marktcafé und Greißlerei. So weit wie möglich ist alles bio oder Demeter-zertifiziert. Die Naturweine kommen von Söll, Köck und Kögl. Das Bier kommt unter anderem von Gratzer, der ersten CO2-neutralen Brauerei Österreichs aus Kaindorf. Die dazu notwendigen Transportkisten aus Holz sind vom Verein Chance B Gleisdorf. Chance B gibt Menschen, die Unterstützung brauchen, die Möglichkeiten zu einem erfüllten Leben. Fürth-Kaffees aus drei professionellen Mühlen, Aeijst-Gin, Wiener Dirndl, Kuchen und Tartes … es gibt Frühstücke und ein paar Kleinigkeiten zu essen, das Lokal bleibt vegetarisch im Angebot. Obst, Gemüse und Milchprodukte kommen erst in den nächsten Tagen und Wochen.

Belli Delikatessen lockt mit eben diesen.
Foto: Andy Urban

Gleich daneben hat Belli Delikatessen geöffnet, das italienische Antipasti und täglich wechselnde Nudelgerichte anbietet. In den Vitrinen gibt es Wein, Bier und Pasta Rummo.

Ein schattiger Übergang

Die Gastgärten der Markthummel und des Belli gehen direkt ineinander über, man sitzt schön im Schatten der Bäume und vor den neuen, wirklich anspruchsvoll angelegten, großzügigen Blumenbeeten.

Der Leitbetrieb vom Vogl-Markt scheint das Nest zu sein. Das Nest wird von Ali Ucas geführt, dem auch das Belli Delikatessen gehört. Ucas ist Kurde und schafft mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Irak, Iran, aus Bulgarien und Rumänien ein Angebot, das an Frische und Breite offensichtlich alles abdeckt, was die lokale Bevölkerung wünscht. Orientalisches Frühstück, arabo-austriakische Mittagsmenüs, viel Gebackenes, Pizza, Falafel und Döner. In der kleinen, blitzsauberen Küche wird nahezu alles selbst zubereitet. Auch die Teige für Pizza und Pide werden selbst angesetzt, das schmeckt man auch.

Ali Ucas betreibt das Nest.
Foto: Andy Urban

Der Döner ist vom Maishuhn und sei in seiner Art einzigartig, meint Ucas voll Überzeugung. Der Gastgarten hat Platz für achtzig Gäste, sei es innen auf dem zentralen Platz zwischen Kindern und Tischtennisspielern, an der abendsonnigen Westseite oder im kühlen Schatten der Nordflanke an der Kreuzgasse. Alles ist tipptopp sauber, im Lokal selbst zeigt Ucas die kurdischen Einrichtungselemente, auf die er Wert legt. Ucas und andere Standler unterstützen auch die einmal pro und unter der Woche stattfindenden Musik- und Tanzabende. Erst unlängst verwandelte sich der Platz in eine Salsabühne.

Schickes neben Tschocherl

Nach innen auf den Platz stellt auch Sebastiano Dambruoso vom La Cocotte / Italian Bistro seine Tische und Sessel auf. Dieses kleine italienische Restaurant wirkt richtig elitär auf diesem Platz, die Tische werden edel eingedeckt, das Angebot richtet sich an echte Italien-Kenner.

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Ja, und dann gibt es noch die beiden Super-Tschocherln, an denen die Neugestaltung vorübergegangen ist. Das idyllische Nut- und Federbrettwunder Kreuzgassen Stüberl hat die schönsten Blumenbeete der Stadt vor seinem Gastgarten (Präriebeete!), bietet Gösser vom Fass und Weißen Spritzer – zu essen gibt es nichts. Das Buffet Café Habe an der anderen Ecke an der Teschnergasse ist ebenso immer bestens besucht, das Publikum tauscht lautstark und fröhlich Geschichten aus der Karlau und vom Mittersteig aus.

Stimmungsmäßig haben beide Lokale die Nasen vorn, gut, dass sie geblieben sind, wie sie waren.

Es scheint evident: Wenn man nicht nur kosmetisch arbeitet, sondern wirklich viel Steuergeld in die Hand nimmt (auch die EU hat mitgezahlt), kann das Wunder geschehen und ein soziales wie gastronomisches Zentrum in einer sonst eher verwitterten Gegend Wiens entstehen, das, so scheint es, von allen Menschen auch wirklich angenommen und mit Leben erfüllt wird. Nächstes Projekt bitte! (Gregor Fauma, 26.8.2021)

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