Die Treppe des Lebens, und was dabei verloren geht: Ein Still aus dem Viennale-Trailer "But why?" von Terence Davies.

Foto: Viennale

Einmal die Treppen hinauf, einmal die Treppen hinunter. Dazwischen bleibt in rund eineinhalb Minuten genügend Zeit für eine lyrische Betrachtung über Vergänglichkeit, trügerische Lebensentwürfe und verblassende Erinnerungen sowie den Abdruck, den das Dasein auf Gegenständen hinterlässt. Einer schönen Tradition folgend, bittet die Viennale jedes Jahr einen anderen Filmkünstler, den Trailer für das Festival zu gestalten – dieses Jahr stammt er aus der Hand des Briten Terence Davies, eines der unverwechselbarsten Stilisten im Kino seines Landes.

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So fühlt man sich bei dem But why? betitelten Filmgedicht, dessen Off-Stimme Davies’ eigene ist, sofort in eine britisch-klamme Welt überführt und vermag dabei seine Kunst der dezenten Betonungen zu studieren. Kurze Kameraschwenks und ein stimmig zusammengestelltes Ensemble aus Möbeln, die den Geruch eines Jahrhunderts zu verströmen scheinen, genügen, um einen Assoziationsreigen auszulösen. Auf welches Leben der Mann auch zurückblickt, am Ende liegt alles unter "der Seife der Erinnerungen" begraben.

Davies’ existenzialistischer Trailer ist am Rande des Drehs zu seinem jüngsten Spielfilm Benediction entstanden, der kurz nach seiner Weltpremiere auf dem Filmfestival von Toronto auch auf der Viennale (21. bis 31. Oktober) zu sehen sein wird. Darüber hinaus wird der 75-jährige Regisseur mit einer großen Monografie gewürdigt, die dem Wiener Publikum erstmals eine Übersicht über das Gesamtwerk ermöglicht – von den autobiografisch inspirierten Anfängen in Filmen wie Distant Voices, Still Lives, die seine Heimatstadt Liverpool so stimmungsreich rekonstruieren wie kritisch kommentieren, bis zu den nuancenreichen Literaturverfilmungen The House of Mirth oder A Quiet Passion.

Terence Davies wird auf der Viennale gewürdigt.
Foto: Viennale/R. Ferrigato

In Benediction beschäftigt sich Davies mit dem Leben des queeren Schriftstellers Siegfried Sassoon, der sich für den Dienst im Ersten Weltkrieg meldete und über seine Erlebnisse in den Schützgräben Gedichte schrieb. Peter Capaldi, der Sassoon spielt, ist auch im Trailer zu sehen und macht schon Lust auf diese jüngste Geschichtsfahrt. (Dominik Kamalzadeh, 26.8.2021)