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Homeoffice im Park oder Freibad konvenierte dem Gesetzgeber nicht. Es muss eine Wohnung sein, aber nicht die eigene.

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Wien – Müssen Mitarbeiter für den Arbeitgeber jederzeit verfüg- und vor allem schnell greifbar sein – auch an Tagen, an denen Homeoffice vereinbart ist? Nein, sagen Arbeitsrechtsexperten, jedenfalls nicht uneingeschränkt oder gar willkürlich.

Dieses "schnell greifbar" bedeute im Fall von Homeoffice nicht automatisch, dass Beschäftigte jederzeit am Dienstort "Gewehr bei Fuß" stehen müssen, sondern dass der Mitarbeiter telefonisch erreichbar sei, sein Telefon also nicht abschalten dürfe. Auch "jederzeit verfügbar" sei im Homeoffice keine Selbstverständlichkeit, sagt Arbeits- und Sozialrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Uni Wien. "Dazu braucht es eine sachliche Rechtfertigung und vertragliche Vereinbarungen." Denn nicht nur der Arbeitgeber disponiere über seine Dienstnehmer, sondern auch der Mitarbeiter plane seinen Homeoffice-Tag.

Wohnung, nicht Wirtshaus

Falls in der Homeoffice-Vereinbarung, die gemäß dem im März beschlossenen Homeoffice-Gesetz abzuschließen ist, ein bestimmter Ort, eine Adresse vereinbart wurde, "dann muss ich dort arbeiten", stellt Gruber-Risak klar. Aber: "Kein Dienstnehmer ist verpflichtet, auf Zuruf den Dienstort zu wechseln. An- und Abreise wären dann eine Dienstreise und somit Arbeitszeit." Gibt es keine adressmäßige Festlegung in einem Vertrag, dann ist es dienstrechtlich dem Dienstnehmer überlassen, in welcher Wohnung er seine Remote-Arbeit erbringt.

Ob Homeoffice am Zweitwohnsitz in Tirol zulässig ist, wenn der Firmensitz in Wien und auch der Dienstort im Dienstvertrag Wien ist, hängt also nicht von der raschen Verfügbarkeit des Dienstnehmers ab, sondern von der Vereinbarung, die geschlossen wurde. Was auch immer diese Vereinbarung vorsieht: Eine Beendigung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat ist jedenfalls möglich, betont man in der Wirtschaftskammer. Rechtsanspruch auf Homeoffice besteht nicht.

Relative Freiheit

Nicht zu verwechseln ist diese Freiheit freilich mit den Vorgaben der Unfallversicherung. Denn im Fall eines Arbeitsunfalles ist es nicht egal, ob ich meine Telearbeit im Wochenend- oder Ferienwohnhaus bei Sopron in Ungarn erbringe oder am Zweitwohnsitz in der Buckligen Welt oder auf einer Dachterrasse in Wien. Durch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) sind nur Arbeitsunfälle auf österreichischem Hoheitsgebiet versichert. Im Fall des Ferienhauses in Ungarn wäre der Arbeitsunfall dann ein Freizeitunfall – auch wenn er in der Arbeitszeit und im Zusammenhang mit der Tätigkeit passiert.

Ist der Dienstort im Arbeitsvertrag Wien, dann könne der Dienstgeber eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer natürlich einberufen, sagt der auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Bernhard Hainz auf Anfrage des STANDARD. Die genauen Umstände seien aber von der jeweiligen Homeoffice-Vereinbarung abhängig.

Vereinbarungen kündbar

Entsprechen diese nicht mehr der beruflichen Realität oder sich ändernden Anforderungen, dann gibt es für beide Seiten Kündigungsmöglichkeiten.

Die Arbeitgeberseite steht in Sachen Flexibilität naturgemäß auf der Bremse, sie fürchtet um die Arbeitsmoral und die Produktivität. "Die meisten Mitarbeiter wollen am Montag und am Freitag im Homeoffice arbeiten", sagt ein Arbeitgeber aus der Metallindustrie, der nicht genannt werden will. Er fügt mit einem Augenzwinkern an: "Und wir wissen alle, warum." (Luise Ungerboeck, 26.8.2021)