Wien – Vom Frost erwischte Blüten, zunehmende Hitzetage, Extremwetterereignisse – und in der Folge Naturkatastrophen: Die Klimakrise hat bereits jetzt starke Auswirkungen auf Österreichs Landwirtschaft, die künftig wohl zunehmen dürften. Die Erntesaison ist noch nicht vorbei, und dennoch verzeichnet der heimische Agrarsektor heuer bereits Schäden in der Höhe von 220 Millionen Euro, rechnet Kurt Weinberger, Chef der österreichischen Hagelversicherung, vor. Eine Hälfte der Schäden sei durch Hagel entstanden, die andere durch Dürre, Frost und Überschwemmungen.

"Nichts tun wäre grob fahrlässig", sagte Weinberger angesichts der steigenden Risiken. Auf Österreich kämen bei einer Klimazielverfehlung nicht nur hohe Strafzahlungen zu, sondern auch Kosten aufgrund der ökologischen und menschlichen Schäden durch Katastrophen und Extremwetter.

Dürre, Hagel, Frost und Starklegen setzen der Landwirtschaft zu.
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Die Landwirtschaft leiste ihren Teil, ist sich Weinberger sicher: Seit 1990 sind die Emissionen in dem Bereich um mehr als 14 Prozent gesunken. Dringenden Aufholbedarf sieht die Hagelversicherung hingegen im Verkehrssektor, in dem der Ausstoß im gleichen Zeitraum um rund 50 Prozent gestiegen ist: "Straßenbau löst das Klimaproblem nicht, sondern verschärft es."

Als zweites "hausgemachtes Klimaschutzproblem" bezeichnet Weinberger den Bodenverbrauch: Österreich sei Europameister in Sachen Bodenversiegelung – was unter anderem die Lebensmittelsicherheit im Land gefährde. Außerdem können zubetonierte Flächen nicht als CO2-Speicher genützt werden. Hier seien "entsprechend klare Lösungen" gefragt, sagte Weinberger in Richtung Regierung. Eine Prämienerhöhung gibt es trotz der steigenden Schadsumme nicht, hieß es in einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Zu wenig Klimaschutz

"Versichern ist gut, noch besser ist, wenn der Schaden gar nicht auftritt", fasste es die ebenfalls anwesende Meteorologin Helga Kromp-Kolb zusammen. Die Extremereignisse der vergangenen Monate seien aus wissenschaftlicher Sicht nicht weiter überraschend und hätten sich seit dem ersten Klimasachstandsbericht im Jahr 1990 abgezeichnet. Die Realität bewege sich allerdings am oberen Rande des Erwarteten, warnte Kromp-Kolb.

Das Klima werde nicht freundlicher, sagte die Expertin, Klimaschutzmaßnahmen könnten jedoch "viele andere Sachen korrigieren, die falsch laufen". In der türkis-grünen Klimapolitik ortet die Professorin der Universität für Bodenkultur noch Aufholbedarf: Absichtserklärungen allein würden nicht reichen, sagt die Meteorologin. Die im Regierungsprogramm verankerten Punkte seien im Grunde gut, würden aber nicht genügen, um dem gerecht zu werden, wozu sich Österreich im Rahmen des Pariser Klimaabkommens verpflichtet hat. (lauf, 26.8.2021)