Rund um das Semmelweis-Areal gab es Korruptionsvorwürfe – juristisch kam nichts heraus.

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"Sie haben recht. Das sieht nicht schön aus", gestand die Wiener Spitzenbeamtin Marion Winkler im Jahr 2016 im Gespräch mit dem "Falter" ein. Die nichtschöne Optik ergab sich aus fragwürdigen Immobiliendeals rund um das Semmelweis-Areal, für das die Wiener MA 69 zuständig war – und die von Winkler geleitet wurde.

Ein dortiger Grund war im Jahr 2012 an die SPÖ-nahe Gewerkschaft Bau-Holz verkauft worden, ohne alternative Angebote zu prüfen. Ein Gutachter, der dem Deal einen "marktkonformen Preis" attestierte, hatte zuvor selbst eine Immobilie auf dem Areal erworben. Die Opposition hat rund um diese und andere Transaktionen jahrelang Kritik geäußert; auch die Neos kämpften hier für Aufklärung und sprachen von "sehr zweifelhaften Immodeals".

Am Mittwoch wurde bekannt, dass Winkler nun einen neuen Job erhält: Sie wird Bereichsleiterin für Informationsfreiheit und Antikorruption. Bei der Opposition kommt das gar nicht gut an. "Es ist nicht besonders glaubwürdig, eine Person, über deren Tisch Immobiliengeschäfte auch zugunsten SPÖ-naher Unternehmen und zuungunsten der Wiener Steuerzahler ging, nun als Bereichsleiterin für Antikorruption einzusetzen", kommentierte ÖVP-Landesgeschäftsführerin Bernadette Arnoldner, die eine Neuausschreibung der Position forderte.

Dominik Nepp, Obmann der Wiener FPÖ, sprach sogar von einem "Skandal der Sonderklasse". Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr sei ein "Pharisäer", schimpfte Nepp: "Besonders schäbig ist in diesem Zusammenhang das Verhalten des pinken Koalitionsanhängsels." 2018 hatten Neos und FPÖ noch gemeinsam eine Pressekonferenz zum Semmelweis-Areal abgehalten.

Stadtrechnungshof: Kaum Kritik

Strafrechtlich hatten die Vorgänge allerdings keine Konsequenzen; Ermittlungen waren zwar aufgenommen worden, es kam aber nie zu einer Anklage. Auch der Stadtrechnungshof prüfte auf Verlangen von Neos und FPÖ und stellte Ende 2018 fest, dass "die diesbezüglichen Kaufverträge rechtskonform zustande kamen". Er empfahl jedoch für die Zukunft ein öffentliches Bietverfahren.

Zur Kritik an Winklers Bestellung zur Antikorruptions- und Informationsfreiheits-Bereichsleiterin hieß es vonseiten der Neos, dass diese Vorbereitungshandlungen setzen werde, "um die Rahmenbedingungen für eine Ombudsstelle für Informationsfreiheit und Antikorruption zu schaffen". Sobald diese fertiggestellt seien, werde es zu einer transparenten Ausschreibung der Leitungsposition kommen. Bei der Präsentation der Personalentscheidung lobte Wiederkehr die einstige MA-69-Leiterin: "Ihre langjährige Erfahrung wird Marion Winkler helfen, Themen wie Korruptionsprävention, die Verbesserung von Compliance-Systemen und Konzeption und Wahrnehmung der Agenden einer Informationsfreiheits-Ombudsperson für Bürgerinnen und Bürger mit Tatkraft voranzutreiben."

Die Umsetzung der im rot-pinken Regierungsabkommen festgelegten Transparenz- und Antikorruptionsinitiativen galt als einer der großen Stolpersteine der "Fortschrittskoalition". Fraglich war, inwiefern sich die seit 1945 meist allein regierende Wiener SPÖ tatsächlich auf mehr Offenheit einlässt. Unter diesem Aspekt ist auch die Kritik der Opposition an der Bestellung Winklers zu sehen, die seit 1995 für die Stadt Wien arbeitet. (Fabian Schmid, 26.8.2021)