Am Freitag wurde der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der Mitangeklagte Walter Grubmüller, Multimillionär und ehemaliger Betreiber der Privatklinik Währing, fasste wegen Bestechung zwölf Monate bedingt aus. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig. Aber sie könnten sich darauf auswirken, wie künftig mit Parteispenden hantiert wird. Sowohl auf Seiten der Parteien als auch auf jener der der Spenderinnen und Spender.

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Davon geht zumindest der frühere Präsident des Rechnungshofs und Ex-Präsident des Beirats von Transparency International Österreich, Franz Fiedler, aus. In der "ZiB2" am Freitagabend sagte er: "Man wird gerade im Zusammenhang mit Parteispenden von den politischen Parteien aus wesentlich vorsichtiger sein, was man gibt, unter welchen Voraussetzungen man es gibt, und man wird zu vermeiden haben, dass die Hingabe einer Parteispende in irgendeinen Konnex mit einem Gesetzesvorhaben oder einer anderen politischen Handlungsweise gesetzt werden kann."

Der Verteidiger von Heinz-Christian Strache kündigte bereits "volle Berufung" gegen das Urteil an. Der Mitangeklagte Walter Grubmüller will dieses ebenfalls anfechten.
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Fiedler "würde auch meinen", dass ebenfalls die Spender vorsichtiger handeln werden. Diese müssten sich nämlich fragen, wie weit man gehen könne, um Eigeninteressen zu verfolgen und ob man sich bei Parteispenden nicht darauf zurückziehen sollte, "dass man einer Partei dann etwas spendet, wenn man Sympathien für sie hat, ohne dass man aber eine bestimmte, konkrete Handlung erwarten lässt".

Im Fall von Strache und Grubmüller sah Richterin Claudia Moravec-Loidolt genau diese Erwartung für eine Spende verwirklicht. In ihrem Urteil geht sie davon aus, dass Grubmüller an die FPÖ spendete, konkret 2000 Euro im Oktober 2016 und 10.000 Euro im Juli 2017, damit Strache eine Gesetzesänderung durchsetze und Grubmüllers Privatklinik in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) aufgenommen werde. Die Aufnahme in den Fonds bringt den Vorteil, dass manche Leistungen direkt mit den Sozialversicherungen verrechnet werden können.

Im Jänner 2019, also noch zu türkis-blauen Zeiten, wurde die Privatklinik in Währing tatsächlich im Prikraf-Gesetz berücksichtigt. Geld aus dem Fonds floss aber bis heute nicht, weil eine Zusatzvereinbarung fehlt.

Reform bei Parteispenden ...

Dass Parteispenden mit dem Urteil gänzlich unattraktiv wurden, "das würde ich generell nicht sagen", sagt Fiedler zum STANDARD. Es gebe ja auch weiterhin Unterschiede. Wenn sich ein Unternehmer beispielsweise vor der Vermögenssteuer fürchte und an die ÖVP spendet, weil diese sein Anliegen vertritt, sei das erlaubt. Anders sei das bei spezifischen Anliegen. Etwa wenn der Unternehmer an eine Partei spendet, um eine Baugenehmigung zu erhalten. Das könne als strafbar angesehen werden. "Ich kann mir aber vorstellen, dass sich der ein oder andere potentielle Spender etwas zurückhalten wird, weil er selbst nicht so ohne Weiteres einschätzen kann, wo die Grenze liegt", sagt Fiedler.

Schon als direkte Folge des Ibiza-Videos wurde die Parteienfinanzierung 2019 verschärft. Seither dürfen weder Personen noch Unternehmen innerhalb eines Jahres mehr als 7500 Euro an eine Partei spenden. Davor war diese Schranke komplett offen.

Es wurde auch eine Obergrenze eingeführt. Keine Partei darf pro Jahr gesamt mehr als 750.000 Euro an Spenden einsammeln. Jede Zuwendung über 2500 Euro muss sofort beim Rechnungshof gemeldet werden. Das war davor erst bei 51.000 Euro notwendig.

... aber weiterhin Umgehungsmöglichkeiten

Für Fiedler war die Reform aber zu wenig, weil sie im Wesentlichen eine Reduktion der Gelder, die gespendet werden dürfen, gewesen sei. Was weiterhin fehle, sei eine Kontrolle der Parteifinanzen durch den Rechnungshof. Bisher bekommt dieser bloß Einsicht in die Rechenschaftsberichte der Parteien und muss sich darauf verlassen, dass sie vollständig sind und nichts verschleiert wurde. Selbst wenn der Rechnungshof genau hier Bedenken hat, kann nur ein Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden. Ob die Prüfung der Rechnungshof oder ein Wirtschaftsprüfer durchführe, sei aber ein großer Unterschied, sagt Fiedler.

Außerdem sind weiterhin "Umgehungsmöglichkeiten" über formal getrennte Vereine möglich. Über diese sprach Strache auf Ibiza bekanntermaßen ("Am Rechnungshof vorbei"). Für Fiedler ein Einfallstor, das unbedingt geschlossen werden müsse. Aber er glaubt auch hier, dass der Fokus auf dubiose Vereinskonstruktionen im U-Ausschuss und Co., jene vorsichtiger werden lässt, die hier bisher "an der Grenze der Legalität" unterwegs gewesen seien. Aber auch mit einer Verschärfung in diesem Bereich sei man noch lange nicht am Ende angelangt, sagt der Ex-Präsident des Rechnungshofs. Der Erfindungsreichtum, nach einer rigideren Kontrolle neue Umgehungsmöglichkeiten zu erfinden, sei unerschöpflich. (Jan Michael Marchart, 28.8.2021)