Robert Habeck wäre gerne Kanzler geworden. Die Grünen schickten aber Annalena Baerbock ins Rennen.

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Es ist der Ton, den man von Markus Söder, dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef, so gut kennt. Herablassend klingt er, fast schon amüsiert, als er am Samstagabend zu Grünen-Chef Robert Habeck meint: "Manche Vorschläge sind einfach albern." Es geht darum, ob eine Förderung von 1.000 Euro für Lastenräder – wie es die Grünen vorschlagen – sinnvoll ist. Söder findet das nicht. Am Land bringe das gar nichts. Habeck widerspricht ihm da nicht.

DER SPIEGEL

Doch ganz so gesittet geht es bei der "einzig wahren Wahlkampfdebatte" nicht immer so. So haben die Online-Plattformen von Spiegel, t-online und Vice das Duell zwischen Söder und Habeck angekündigt. Es ist ihnen damit ein kleiner Coup gelungen. Denn die beiden sind ja die Verlierer im Kampf um die Kanzlerkandidaturen. Habeck wäre gern angetreten, Söder auch. Aber der eine musste sich Annalena Baerbock geschlagen geben, der andere Armin Laschet. Sowohl bei den Grünen als auch bei der Union sind viele darüber nicht glücklich. Söder und Habeck sind die deutlich eloquenteren, die großen Auseinandersetzungen im TV aber bestreiten die anderen.

"Neeeee"

Doch an diesem Samstagabend haben sie zumindest online eine Bühne, und da geht es bei zwei Themen zur Sache. Zunächst erwartungsgemäß beim Klimaschutz. "Die letzten 16 Jahre waren schlecht", bilanziert Habeck über die Ära von Angela Merkel.

CSU-Chef Markus Söder wäre gern Kanzler geworden. Er musste sich aber unionsintern hinten anstellen, für die Christdemokraten tritt Armin Laschet als Spitzenkandidat an.
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"Elf Landesminister sind von den Grünen", kontert Söder. "Ich kann Ihnen erklären, wie es geht, auch in Bayern", bietet Habeck an. Söder: "Neeeee." Daraufhin konstatiert Habeck: "Es tut weh."

Das will Söder nicht auf sich sitzen lassen und betont, dass Bayern bei Solar- und Wasserkraft führend sei und halt einfach nicht so viel Wind habe wie Schleswig-Holstein, wo Habeck herkommt. "Bei euch oben ist mehr Wind", sagt er und fügt hinzu, dass Bayern auch die meisten Biobauern habe. "Jetzt tut es ihm weh", sagt Söder dann mit Blick auf Habeck. "Andere machen mehr richtig", gibt Habeck zurück. Kurzstreckenflüge will Söder nicht abschaffen, Habeck auch nicht, sondern "unnötig machen".

Uneins bei Steuererhöhungen

Ebenso uneinig sind sich die beiden beim Thema Steuererhöhungen. Die Grünen wollen die Reichen zur Kasse bitten, was Söder einen "schweren wirtschaftspolitischen Fehler" hält. "Ich mache mir echt Sorgen um den Mittelstand und Handwerk", sagt er. Die Union hingegen wolle "Entlastungen in breiter Form", betont er.

"Er macht sich zu Unrecht Sorge", geht Habeck dazwischen und betont, dass er seinerseits sich um CDU und CSU sorge. Die nämlich hätten "offensichtlich das Rechnen verlernt". Die Steuern wolle sie nicht erhöhen, sondern senken, zudem den Haushalt konsolidieren. "Wo soll das Geld herkommen, wenn die Steuern gesenkt werden und die Union die Schuldenbremse schneller einhalten will?", fragt Habeck und findet: "Das schlägt dem Fass schon rein logisch den Boden aus."

Sorge um grünen Kurs

Söder besorgt hingegen der grüne Kurs: "Sie versprechen etwas, ohne zu erklären, wer es verdienen soll." Neue Schulden würden das Land destabilisieren. Söder: "Wer nicht aufpasst, kommt auf Dauer in die griechische Spirale, die wir nur schwer im Euroraum stoppen konnten."

Doch über weite Passagen verläuft das "Duell" recht friedlich, die beiden zeigen, dass sie eventuell auch ganz gut miteinander könnten. So ist man sich völlig einig, dass der Truppenabzug aus Afghanistan katastrophal verlaufen ist. "Es braucht eine Aufarbeitung" sagt Söder. "Es ist eine militärische und moralische Niederlage", meint Habeck und räumt ein: "Meine Partei hat auch nicht alles richtig gemacht." Der Einsatz in Afghanistan startete schließlich im Jahr 2001 unter Rot-Grün und dem grünen Außenminister Joschka Fischer. Aktuell stehe die "ganze Bundesregierung in der Kritik", meint Söder und verspricht, dass nicht alle Minister wieder in einem neuen Kabinett vertreten sein werden. Wer nicht will Spiegel-Redakteurin Melanie Amann wissen. Es ist Außenminister Heiko Maas (SPD), den Söder nicht mehr dabei sieht.

Offenes Rennen

Doch ob noch Vertreter von CDU und CSU in der nächsten Regierung sitzen werden, ist derzeit unklar. In Umfragen ist die Union auf 22 Prozent abgestürzt, die SPD liegt in einer Forsa-Befragung bei 23 Prozent, die Grünen folgen mit 18 Prozent.

Am Sonntag treffen Laschet, Baerbock und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im ersten TV-Triell aufeinander. Es wird ab 20 Uhr 10 bei RTL und n-tv gesendet. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.8.2021)