Herr Martin hat selten Gäste, weil Hund Pablo keine Besucher verträgt: "Die Quellenstraße – das bunte Herz von Favoriten", am Sonntag um 22.15 Uhr auf ORF 2.

Foto: ORF

Über den Reumannplatz spaziert man am besten nur mit der Schrotflinte, befindet ein Besucher des Mausloch Cafés im zehnten Wiener Gemeindebezirk. Er ist nicht der einzige Protagonist in der neuen Doku von Ed Moschitz mit rückständigem Bild von Menschen mit Migrationsbiografie. Die "Neu-Österreicher" wollen nur Geld kassieren und "belasten das Steuersystem", erzählt auch ein MA-48-Mitarbeiter im ORF-dokFilm "Die Quellenstraße – das bunte Herz von Favoriten", der am Sonntag in ORF 2 ausgestrahlt wird. Angst vor Hunden haben sie auch, "die Ausländer", glaubt man einem behäbigen Beisl-Gast im Favoritner Grätzl Kreta, der sich durch "die falsche Ernährung" in die Frühpension befördert hat.

Und überhaupt könne man Favoriten mittlerweile mit Istanbul vergleichen. Ähnlich wie es in der türkischen Millionenstadt überall nach Kebab riechen muss, sei das wegen der vielen Dönerstände jetzt auch im Zehnten der Fall, glaubt man dem Fiaker Herrn Stefan.

Konfliktreiches Zusammenleben

Der "Ausländer"-Begriff fällt in Moschitz‘ Doku so oft, dass man das Gefühl hat, Passanten bei Schlingensiefs Container-Aktion auf den Wiener Festwochen im Jahr 2000 zu lauschen. So vielfältig die Menschen, die das Grätzl rund um die Quellenstraße heute bewohnen und bewirtschaften, in ihren Herkunftsländern auch sind, so konfliktreich verläuft ihr Zusammenleben mit manchen alteingesessenen Wienern.

Doch das bunte Herz von Favoriten, welches die Doku zu zeigen verspricht, wohnt vor allem manchen Frauen inne, die darin zu Wort kommen.

Etwa Elisabeth, die sich als zweigeschlechtliche Frau vorstellt und mit ihrer Lebensgefährtin ein kleines Erotikkino betreibt. Dieses dekoriert sie schon mal auf die Schnelle um und verwischt alle Spuren, die es als Sexkino outen könnten, damit einer ihrer Stammkunden nicht von der Ehefrau beim Schmuddelfilme-Schauen erwischt wird. Oder einer Marktbesucherin in der Leibnizgasse: Die "waschechte Wienerin" findet es schön, dass Wien so "international ist und alle zusammenleben." Auch eine Passantin mit Hund beschwert sich darüber, dass immer "die Flüchtlinge" kritisiert werden, obwohl es doch genug Platz "in unserem Land" für sie gebe.

In seiner Grätzldokumentation zeigt der Journalist und Dokumentarfilmer Ed Moschitz keine kitschige Idylle, die für Wir-Gefühl sorgen möchte, sondern präsentiert eine weitere gelungene Milieustudie aus Wien. (Allegra Mercedes Pirker, 29.08.2021)